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Allein inmitten dieser wilden.
Schaar Bergtscherkessen zugebracht?
Ob er auch Scheu hat, es zu sagen,
Man sieht's ihm an, braucht kaum zu fragen!...
Jemehr noch jung und unerfahren.

Das Herz, je keuscher das Gemüth,
Strebt es geheimnißvoll zu wahren,
Was in ihm zehrt, was in ihm glüht.
Auch Selim, wie vor giftgen Schlangen,
Barg vor der Neugier Späherblick
Des jungen Herzens Mißgeschick,
Sein Leiden, Hoffen und Verlangen.

Dritter Theil.

I.

II.

Es brennen die Aoule rings im Land,
Der Himmel wiederflammt den Schreckensbrand.
Zerstreut, geschlagen flohn die heimschen Krieger
In wilder Unordnung; der Feind blieb Sieger.
Wie wilde Thiere haus't er, ohne Schonung,
Zum neuen Schlachtfeld wird die stille Wohnung.
Was nicht in Brand steht, wird von Blut geröthet,
Der schwache Greis fällt unterm Bajonette,
Man schont der Mutter nicht im Wochenbette,
Und in der Wiege wird das Kind getödtet.
Der blut'ge Mörder frech umschlingt den Leib
Der zarten Jungfrau, kos't das junge Weib -
Doch ist das Weib hier nicht wie anderwärts,
Im zarten Leibe wohnt ein starkes Herz!
Den Kuß zu rächen wird der Dolch gezückt,
Dem Küssenden ins gier'ge Herz gedrückt,
Und röchelnd stürzt er: »Rache Kamerad! «
Dem Racheworte folgt die Rachethat -

Todt stürzt das Weib bald steht das Haus in Flammen,
Des Stammes Gut und Freiheit bricht zusammen.

III.

Roslam Beg hat sich, troß der Niederlage,
Auf's Neu in einem fernen Ort befestigt,
Bereitet sich zu einem neuen Schlage,
Den er in Hinterlist vollführen will;

Jegt wird er nicht vom Bruder mehr belästigt
In seinen Plänen . . . Wo steckt Ismaïl?
Der kämpft noch im Gebirge mit den Seinen,
Täuscht schlau die Feinde durch verstellte Flucht,
Und wie sie folgen, ihn zu fangen meinen,
Verlockt er sie in eine enge Schlucht,
Greift fie dort an, entläßt lebendig Keinen.

IV.

Doch Ismail strebt in dem Kampfgewühl
Nach Ruhe nicht und Selbstvergessenheit
Er hat für Ehre, die das Schlachtfeld beut,
Für Ruhm und Heldengröße kein Gefühl
Zieht nicht für's Vaterland das Racheschwert
Er kennt der Ehre und der Worte Werth,
Die man gewußt für Thoren zu entdecken.

Die kaum erloschne Glut, die ihn verzehrt,
Er will sie nicht auf's Neu im Herzen wecken
Der Heimat Felsen, - nicht die Häuser will
Beschüßen vor dem Feinde Ismaïl.

V.

In Abendnebel hüllt das Feuer
Des Tags sich, wie in einen Schleier.
Kein Lüftchen weht, kein Wölkchen zieht
Am bleichen Himmel - einen Aar
Nur wird man fernhin noch gewahr,
Wie er zum Felsenneste flieht.
Und durch die Felsen schauerlich
Des Mondes gelber Lichtstrahl stiehlt
In eine wilde Thalschlucht sich,
Und mit den nackten Schädeln spielt,
Und mit den Knochen, mit den Leichen,
Die ringsum auf dem Rasen liegen;
Und wie die Strahlen sie bestreichen,
Scheint's als ob Funken daraus fliegen.
Es wundert sich der Mond der falten,
Stumm- unbeweglichen Gestalten
Doch sieh': er läßt sein falbes Licht
Zwei andre Körper dort erreichen:
Noch Leben haucht aus dem Gesicht,
Doch regles liegen sie wie Leichen.

F. Bodenstedt. VII.

6

VI.

Einer der zwei ist Ismail!

Es blickt sein Auge trüb und still,
Doch ungebeugt vom Mißgeschick.
Er sah die Sonne untergehn,
Wie wir wohl oftmals mit dem Blick
Noch einen lästgen Gast begleiten,
Den wir gleichgültig scheiden sehn.
Des Panzerhemdes Ringeln decken

Die Schulter sammt der Brust, der breiten,
Ein Helm das Haupt

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doch blutge Flecken Verdunkeln hier und dort den Glanz Des blanken Stahlgewandes ganz. Der Kopf des jungen Selim ruht Auf seinen Knie'n er zog ihm nach, Er folgt ihm in freiwillger Flucht, Und birgt sich in Ismaïls Huth, Wie man im Schatten Obdach sucht. Trägt mit ihm alles Ungemach, Mit ihm Gefahr und Kriegsgeschick, Treu, ohne Murren, ohne Klagen Und ist er müde, will verzagen, Hebt er auf Ismaïl den Blick: Und hin ist Sorge und Beschwerde, Und heiter wird er von Geberde.

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