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O immergrüner, schlanker Strauch,
Senk' dich herab zu mir!

Herzliebster mit dem schwarzen Aug',
Komm', set' dich her zu mir!

O immergrüner, schlanker Strauch,
Senk' tiefer dich zu mir!

Herzliebster mit dem schwarzen Aug',
Komm', set' dich näher mir!

Er hört nicht meiner Stimme Ton,
Mein Lieb ist nicht mehr hier!
Verhüllt jezt Gras und Raute schon
Die Spur des Fußes mir.

Das Gras, das hohe, werf' ich fort,
Die Rauten reiß' ich aus:

Vielleicht daß dann mein Liebster dort

Zurücke kehrt nach Haus.

Nein, nicht zu suchen geh' ich mehr

Den der mich so betrübt!

Nein, nicht den Einen lieb' ich mehr,

Den ich so sehr geliebt!

Ich streife nicht im Morgenlicht
Beim Schloffe mehr umber;
Ich treffe meinen Liebsten nicht,
Mein Liebster ist nicht mehr!

F. Bodenstedt. VII.

13

Ich wandle nicht mehr waldeswärts

Zum Nüssesuchen d'rin

Der Jugend heit'rer Tand und Scherz
Sind längst für mich dahin!

's ist traurig mich so jung zu seh'n, Wie Reiz und Herz verdorrt...

Nichts bleibt mir als zum Strom zu geh'n, Hinabzuspringen dort!

8.

Zum Niemen zieh ich;

Heida! mein gutes Thier,

Spring', bäum' dich unter mir!
Liebchen, leb' wohl!

Ziehst du zum Niemen fort, läßt du mich hier allein.

Was aber suchst du dort, sag' mir, Herzliebster mein? Scheint es dir fern von mir, weit an des Niemens Strand, Schöner als bei uns hier, bei uns im Vaterland?

Ich ziehe hin, wo

Wild es von Rossen stampft
Heiß aus der Erde dampft
Feindesblut roth!

Willst dich berauschen im Blute, dem heißen?
Willst dich dem Arm' treuer Liebe entreißen?
Hier haft meine Thränen, hier haft du mein Blut!
Nur zieh' nicht von hinnen und bleibe mir gut!

Nicht weine, mein Lieb!

Ist unser Fest vollbracht,
Kehr' aus der heißen Schlacht,
Kehr' ich zu dir!

Nein, nein, mein Geliebter! kehrst nimmer nach Hause! Es wird dich verschlingen das Schlachtfeld, das grause; Sieh' es hält den Kopf trauernd zur Erde dein Rapp: Auf dem blutrothen Schlachtfelde find'st du dein Grab!

Wenn der Rabe dir zu
Hoch über'm Fenster schreit,
zu dir vom Meere weit
Eilt dein Kosak!

Senft der Gipfel der grünen Platanen sich nieder,
Wenn der Eichwald stöhnt, und der Kuckuck ruft wieder;
Wenn unter dir wiehernd hoch bäumt sich dein Rapp,
Dann ruh' ich schon lange im kühlen Grab! . . .

9.

Fliegt ein Adler über's Meer hin, Himmelauf zu fliegen scheint er; Grämt sich der Kosak, der alte, Seine Jugendzeit beweint er.

Spricht: O meine jungen Jahre! Sagt, wo seid ihr hingezogen? Seid in Wiesen, seid im Felde, Seid im grünen Wald verflogen?

Ohne Nugen, ohne Segen, Schwindet des Kosaken Beute: Was er gestern schwer errungen, Leichten Sinn's vertrinkt er's heute.

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