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1.

Rauscht es, rauscht's im Eichenwalde,
Nebel deckt die grüne Halde;
Mütterchen, den Sohn fortjagend,

Spricht: Geh', sollst mich nicht mehr grämen

Mögen dich die Türken nehmen!
Mutter, nein! doch selber Pferde

Ich den Türken rauben werde!

Rauscht es, rauscht's im Eichenwalde,
Nebel deckt die grüne Halde;
Mütterchen, den Sohn fortjagend,

Spricht: Geh', sollst mich nicht mehr grämen
Mögen dich die Horden *) nehmen!

Mutter, nein! mir Schäße schenken
Werden sie und mein gedenken.

Aelt'ste Schwester führt das Pferd ihm,
Trägt die zweite Lanz' und Schwert ihm;
Doch die jüngste fragt den Bruder:
Bruder, wann wirst von den Heeren
Du zur Heimat wiederkehren?

*) Tatarenhorden.

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Eine Handvoll Erde säe,
Schwesterchen, auf einen Stein hin,
Und mit Tagesanbruch gehe
Bei der Morgenröthe Schein hin,
Feucht' es an mit deinen Thränen
Fängt die Erde an zu blühen,

Wird dein Bruder heimwärts ziehen!

Rauscht es, rauscht's im Eichenwalde,
Nebel deckt die grüne Halde;

Mütterchen, den Sohn rückrufend,

Spricht: Kehr' Sohn, dort droht Gefahr dir, Komm', ich kämm' dein langes Haar dir!

Mutter, dichte Dornenbüsche

Kämmen's bald und Sturmgezische;

Feuchten wird's des Regens Frische!...

2.

Die Winde heulen, es wogt das Gras,
Der arme Kosak liegt todt und blaß;
Auf schwankendem Sträuchlein ruht sein Haupt,
Die Augen von grünen Blättern umlaubt.
Ift zur Erde gefallen sein blank Geschoß,
Steht ihm zu Füßen sein schwarzes Roß;
Doch ihm zu Haupte, im hohen Gras,
Ein taubenfarbiger Adler saß.

Und er pflegt den Kosaken, bringt Troft ihm dar,
Hüpft um sein Haupt mit dem Lockenhaar...

Und der Kosak spricht dem Adler zu:

Sei, grauer Adler, mein Bruder du!

Und wenn du anfängst, o Bruder Aar,
Mir auszuhacken mein Augenpaar:

Fliege, fliege zu meiner Mutter hin.

Bring' der Mutter, der vor Gram sich verzehrenden,
Kunde vom Sohne, dem nimmer kehrenden;

Aber wisse, Bruder Aar, eh' du zu ihr fliegst,
Was du, wenn sie dich fragt, ihr zur Antwort sprichst:
Sag' der Mutter: Dein Sohn im Dienste stand
Bei dem Chane der Krimm, dem Tatarenland,
Hat durch den Dienst gewonnen eine Königsmaid,
Eine Todtengrube auf kahler Haid'!

3.

Zum Marsch, zum Abmarsch pfeifen die
Kosaken um Mitternacht;

Aus hellem Auge weint Marie,

Sie weint und klagt.

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Nicht weine Marie, nicht klage, mein Kind!
Sei nicht so trüb':

Zu Gott im Himmel bete, mein Kind,
Bet' für dein Lieb!

War die Sonne verschwunden, am Himmel schon

Scheint hell das Mondenlicht;

Giebt die Mutter Geleit dem scheidenden Sohn Und weint und spricht:

Leb' wohl, mein Herzchen, leb' wohl, mein Kind!

Weil' nicht zu lange beim Heer

-

Und wenn vier Wochen verflossen find,

Zur Heimat kehr'!

Mutter, gern riß ich mich bald wieder los,

Und käme zurück zu dir;

Doch fieh'! es strauchelt mein schwarzes Roß
Im Thorweg' hier.

O, Gott weiß wann ich heimwärts zieh'
Und euch hier wiederfind';

Doch Mutter, nimm meine Marie auf wie
Dein eigen Kind!

Nimm zu dir mein Mädchen, so tröst' ich mich, Wir stehen in Gottes Hand

Wer weiß, ob ich kehr'
Im fremden Land!

--

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vielleicht sterbe ich

O gern zur Tochter nehm' ich Marie,
Daß du dich nicht betrübst;

Doch wird fie mich auch lieben, fie,

Wie du mich liebst?

Oweine nicht, Mutter, o klage nicht mehr!

Hell' auf den trüben Blick.

Sieh'! es bäumt sich mein Roß, es springt daher, Ich kehre zurück!

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