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Der Gefangne.

Ich fit' hinterm Gitter im feuchten Gemach,
Ein Adler, ein junger, steht aasend am Fach.
Mein trüber Gefährte, er aas't mit Geräusch,
Er flattert und hackt in das blutige Fleisch.

Er hackt es und wirft's und zum Fenster er schaut,
Als wär er mit meinen Gedanken vertraut.
Er ruft mir und kreischt mir ein mahnendes Wort,
Als wollt er mir sagen: »Jezt fliegen wir fort!
Wir fliegen ins Freie, 's ist Zeit, ja, 's ist Zeit,
Dahin, wo die Berge sich dehnen so weit,
Dahin, wo das Meer glänzt in bläulichem Strich,
Dahin, wo nur schweben die Lüfte und ich!<<

Schlaflos lieg' ich.

Schlaflos lieg' ich, ohne Licht,
Quälend drückt mich Langeweile,
Nur der Uhr einförm❜ge Eile
Dumpf die Stille unterbricht.
Durch die Nacht so trüb und düster
Zuckt der Parze leis Geflüster,
Huscht des Lebens scheuer Gang.
Ach, wie währt die Zeit so lang!
Horch, was murmelt da so schaurig?
Wie ein Vorwurf klingt's so traurig!
Warum wird's um's Herz mir bang?
Sprich, gespensterhaftes Wesen!
Rufft zum Guten du, zum Bösen?
Deiner Sprache leises Flehn
Möcht' ich endlich doch verstehn.

Kleinruffische Volkslieder.

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