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Uebungsbücher zum Uebersetzen aus dem Deutschen in's Englische so

wie aus dem Englischen in's Deutsche. Herausgegeben von
J. Morris. (Dr. Philipp.)

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. (Dr. Sachse.)
Germania. Herausgegeben von Fr. Pfeiffer. (Dr. Sachse.).
Die Nordfriesische Sprache. Von C. Johansen. (Dr. Sachse.)
Michaelis, Nouveau Système de Sténographie française d'après la Mé-
thode Stolze. (L.)

Die Verwendung des deutschen Lesebuchs für den deutschen Unter-
richt. Von Dr. L. Frauer. (Dr. Sachse)
Schiller's Prosa, Auswahl für die Jugend.

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Rede, gehalten bei Schiller's hundertjährigem Geburtstage. Von Dr.
Eckstein

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Rede zur Feier des hundertjährigen Geburtstags Schiller's, von Prof.
Daniel gehalten

Ueber Johannes Rothe aus Kreuzburg. Ven Dr. F. Bech
Ueber die Faustsage. Von Dr. Kühne.

De Reinmaro de Zweter. Von B. Hüppe

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Ueber

Balladendichtung im Allgemeinen,

insbesondre die Lenore Bürgers.

Balladen giebt es in der deutschen Literatur, seit Bürger *) nach dem Vorbilde englisch-schottischer Dichtungen, wie sie in der berühmten Sammlung unter dem Titel: Old Songs and Ballads, von Percy herausgegeben wurden, episch-lyrische Dichtungen schuf und unter dem Namen „Balladen" herausgab. Romanzen giebt es, seit Gleim französische Gedichte dieses Namens übersetzte. Ballade, ballad, bedeutet eigentlich: Tanzlied, Romanze: romanische Volkssprache. Der Unterschied von Ballade und Romanze ist nur nominell. Balladen und Romanzen sind episch-lyrische Dichtungen; episch, in so fern sie eine Reihe von Begebenheiten, die mit einander in causalem Zusammenhange stehen, vorführen; lyrisch, in so fern die Gemüthswelt der in die Handlung verflochtenen Personen zur Darstellung gebracht wird. Auch das Drama entsteht bekanntlich aus der Verschmelzung von Epik und Lyrik, ähnlich wie auf einem andern Kunstgebiete durch eine Verschmelzung der Architektur und Plastik sich die Malerei entwickelt. Zum Drama aber wird die episch-lyrische Dichtung erst, wenn zu dem Worte die Geberde hinzukommt, das der bildenden Kunst abgeborgte mimische Element. Diess fehlt den Balladen, die durch dialogische Form übrigens mehr oder weniger an die dramatische Dichtungsart

anstreifen.

*) In dem Buche „Gottfried August Bürger von Pröhle," zu welchem das Archiv Nachträge brachte, ist gleichfalls die Lenore sehr ausführlich

behandelt.

Archiv f. n. Sprachen. XXXI.

1

Zweimal hat in der deutschen Literatur episch -lyrische Dichtung sich gezeigt, das erste Mal in der Zeit, wo die deutsche Lyrik sich entwickelte, zu Ende des 12. Jahrhunderts. Die Entwickelung des Epos zur Lyrik ging hindurch durch eine Mittelgattung; zu ihr gehören die Gedichte, bei denen auf einer epischen Grundlage Lyrisches basirt; so heisst es in einem Liede von Dietmar v. Aist:

Es stund eine Frau alleine,

Und sah wohl über die Haide
Und harrte auf ihr Lieb.

Da sah sie 'n Falken fliegen,

In diesen Worten ist die epische Grundlage gegeben, auf der im Weitern die entströmende lyrische Empfindung sich gleichsam auferbaut.

Wie wohl, o Falke, dass Dir ist,

Du fliegst, wohin Dir lieb ist,

Du erwählst Dir in dem Walde
Einen Baum, der Dir gefalle.

Also hab' auch ich gethan:

Ich erkor zum Lieb mir einen Mann,
Den erwählten meine Augen.

Des neiden schöne Frauen etc.

Ganz ebenso ging die Entwickelung in der griechischen Literatur vor sich. Die homerischen Hymnen stehen auf derselben Stufe. Aus dieser Mittelgattung entwickelte sich dann gegen Ende des 12. Jahrhunderts die unter dem Namen der Minnepoesie bekannte Kunstlyrik. Auch im Gebiete der Volkspoesie entwickelt sich aus dem altepischen Liede, wie es in der altnordischen Edda für uns noch erhalten ist, eine lyrische Epik, von der in dem deutschen Volksgesange noch Ueberreste vorhanden sind. Ich erinnere nur an das rührend schöne Volkslied, was vor nicht langer Zeit in Westphalen noch gesungen worden ist, das Lied von den zwei Königskindern, das Gegenstück zu dem auf griechischer Sage beruhenden Schiller'schen Gedichte Hero und Leander, die Ballade „Joseph, lieber Joseph," das Original der Schiller'schen Kindesmörderin, die in der Erk und Lomerschen Volksliedersammlung enthaltene und zu wenig bekannte Ballade von dem Herrn von Falkenstein," die bis auf die neuere Zeit im nordwestlichen Deutschland im Munde des Volkes

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gewesen ist. Herder theilt sie in hochdeutschem Texte aus der Taunusgegend, Simrock aus der Rheingegend in den „Rheinsagen aus dem Munde des Volks" mit. Die zu Grunde liegende historische Begebenheit ist die braunschweigisch-lippische Fehde.

„Henniges von Rheden nemlich und seine Brüder wurden mit ihrem Lehnsherrn, dem Herzog Heinrich von Braunschweig und Lüneburg im Jahr 1398 in eine Fehde verwickelt, in der sie bald genug der Uebermacht des Herzogs weichen mussten, der sie ihres Eigenthums entsetzte und aus ihrem Lande vertrieb. In dieser Verlegenheit nahm sich ihrer der Edle Herr Simon zur Lippe an, und machte sie im Jahre 1403 zu Burgmännern seines Schlosses Varnholz, damit sie sich aus demselben gegen den sie verfolgenden Herzog vertheidigen könnten. - In eben diesem Jahre hatten H. Simon, der damals schon sehr alt und kränklich war, und sein Sohn Bernhard mit dem Grafen Hermann v. Eberstein eine Erbverbrüderung geschlossen, und sich dadurch die nahe Hoffnung zum Erwerb der Ebersteinischen Lande verschafft. Denn Graf Hermann von Eberstein hatte keine männlichen Erben. Das braunschweigische Haus, welches schon damals die Besitzungen seiner mindermächtigen Nachbarn in seinen Vergrösserungsplan zog, war über die Vereitelung seiner, auf die Grafschaft Eberstein schon gefassten Absichten empfindlich, und wartete nur auf einen scheinbar gerechten Vorwand, sich deswegen an Herrn Simon und seinem Sohn Bernhard zur Lippe zu rächen. Diesen fand jetzt der Herzog Heinrich von Braunschweig und Lüneburg in der Aufnahme seiner Feinde in das Schloss Varnholz. Mit der ganzen Macht seines Hauses, welche damals nur zwischen ihm und seinem Bruder, dem Herzog Bernhard, der ihn kräftigst unterstützte, getheilt war, rüstete er sich zu einem feindlichen Einfall in die Herrschaft Lippe und war jetzt eben im Begriff, denselben auszuführen, als ihm schon der Edle Herr Bernhard zur Lippe, den angeerbte Tapferkeit und das Beispiel seines Herrn Vaters und seiner Vorfahren zu glänzenden Thaten trieb, bei Hameln mit seinen Rittern Gerhard v. Ensen, Dieterich v. Ketteler, Johann v. Drosten und Friedrich v. Brenken und seiner getreuen lippischen Landesfolge muthig entgegen kam

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und am 19. November 1404 am Odernberg ein hitziges Treffen lieferte. Der Sieg krönte Herrn Bernhard. Das braunschweigische Heer wurde geschlagen, zerstreut, und der Herzog selbst mit vielen seiner Vasallen gefangen genommen. Die Beute war gross und reich. Der Herzog musste es sich gefallen lassen, die erste Nacht in einem Wartthurme, der vor diesem an der Burg in Barntrug stand, zuzubringen, den andern Tag bis Blomberg zu reiten und am dritten sich in das feste Bergschloss Falkenberg im Lippischen Wald zu begeben, worinnen er in einer Kammer, welche von ihm nachher die Fürstenkammer hiess, und die man noch im 17. Jahrhundert unter den Ruinen des Schlosses zeigte, 3 Jahr lang als Gefangener verwahrt wurde. Das Andenken dieser Gefangenschaft des Herzogs im Schlosse Falkenberg überlieferten die Bewohner des Lippischen Waldes, nach uralter deutscher Sitte, ihren Nachkommen durch ein Volkslied, etc. Der Umstand, dass die Herzogin v. Braunschweig selbst zu Herrn Bernhard zur Lippe kam, und die Befreiung ihres Gemahls von ihm erbat, würde ohne das Falkenbergische Lied, das sie mit Herrn Bernhard redend einführt, der Nachwelt nicht aufbehalten worden sein, da alle gedruckte und geschriebene Nachricht von der braunschweigisch - lippischen Fehde ihn verschwiegen haben."

Herr von Falkenstein.

-Mündlich, aus Steinhagen in Westphalen.

Ick sah minen Heern von Falkensteen
To siner Burg oprieden;

Enen Schild hadde he in siner Hand,
Blank Schwerd an siner Syden.

Gott grüsse ju, Heer von Falkensteen!
Sin ji des Lannes Heere?

So givet mi wier den Gefangenen min,
Um aller Jungfern Ehre!"

,,,,De Gefangene, den ick gefangen hewwe,
De is mi woren suer:

He liegt to Falkensteen in den Thaurn;
Dorinn sal he verfulen!"66

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