Vorwort. Eine Abhandlung über die jugendlichen Verbrecher? Muß sie nicht als ein überflüssiges Salzkorn im Meere der Literatur erscheinen, die sich dieses Themas schon überreichlich angenommen? Auf allen Seiten sind Private, sind freiwillige Vereinigungen und ist die Gesetzgebung an der Lösung der wichtigen kriminalpolitschen Frage, der Behandlung des jugendlichen Verbrechertums, tätig. In der wogenden Überfülle der verschiedenartigsten Versuche, zerstreuter Kodifikationsbestimmungen und vereinzelter Erlasse bildet der Art. 14 des schweizerischen Vorentwurfs einen Ruhepunkt. Er stellt sich gewissermaßen als ein vorläufiger Schlußstein in der regen, oft recht ungeordneten Bautätigkeit der kontinentalen Gesetzgeber dar, indem er die verschiedensten Anregungen und hier und dort anzutreffende Einrichtungen zu einem abgerundeten, wohlgefügten Ganzen zu vereinigen sucht. Bei dieser kompilatorischen Arbeit dem schweizerischen Gesetzgeber zu folgen und zu untersuchen, wie er schließlich die Mannigfaltigkeit der in- und ausländischen Bestrebungen unter einem einzigen, maßgebenden Gesichtspunkt harmonisch ordnet, darin lag ein besonderer Reiz. Dabei schien es mir unumgänglich, mit einigen kurzen Strichen den grundlegenden Linien nachzugehen, welche ungezwungen und naturgemäß aus der Vergangenheit über das geltende Recht zum „Jugendstrafrecht“ des Entwurfes hinleiten. Es ergab sich daraus zugleich eine historische Rechtfertigung, die um so notweneiger war, als die juristisch-doktrinellen Beweismittel hier größtenteils versagen. Das Gewordene als ein geschichtlich Notwendiges zu zeigen, war zu versuchen. Ich gestehe, daß ich hierin mit einen Hauptwert der Historie erblicke. Bei aller geschichtlichen Entwicklung bleibt jedoch die Erkenntnis wichtig, daß das Recht in seinem Werden so wenig Sprünge macht als die Natur selbst, und daß, wie hier rudimentäre Bildungen und Abarten, dort leblose Überreste und Irrtümer unvermeidliche und beachtenswerte Begleiterscheinungen einer lebendigen Fortentwicklung sind. Herrn Professor Zürcher sage ich für die freundlichen Bemühungen, die er der vorliegenden Arbeit angedeihen ließ, herzlich Dank. Zürich, im November 1907. D. V. Erster Teil: Die jugendlichen Verbrecher im Strafrecht. Jugendlichkeit Verbrechensausschließungsgrund. Jugendstrafrecht und Fürsorgepolitik. Jugendbehandlung und ordentliches Strafen- Entstehungsgründe des jugendlichen Verbrechertums; Katalogi- sierung des Entwurfs. Hauptgewicht auf der individualisierenden Inkonsequenzen jeder gesetzlichen Limitierung. Bedeutung der untern Grenze (14). Kritische Periode (14-18). Grenze absoluter Zweiter Abschnitt: Bedeutung. Die Tat des Jugendlichen kein Verbrechen". Ge- dankengang des Gesetzgebers. Vorsätzliche und fahrlässige Handlung. Bestimmungen des allgemeinen Teils zu Art. 14. (Anstiftung; Ge- bilfenschaft; Versuch, Rücktritt von demselben.) Die Antragsdelikte Allgemeines. Terminologie. Arten. Wechselwirkung (vgl. o. § 6). Staatliche und private Anstalten. Anstalt und Familie. Einweisung. B. Zuchtmittel mit Strafcharakter. (Allgemeines: Keine Strafen im eigentlichen Sinn.) § 10. Die Einschliessung und ihre Kombination mit rein erzieherischen Zuchthaus- und Gefängnisstrafe ausgeschaltet. Vorbildlich das Neuenburger Gesetz. Ort und Zeit der Inhaftierung. Verbindung von Geschichtliches. Anglo-amerikanisches und belgisch-europäisches System. Juristische Umschreibung. Für und wider die beiden Systeme. Einfacher und komplizierter Verweis (Italien). Gestaltung des Vollzugs. Würdigung der Buße. Verhältnis derselben zur subsidiären § 13. Begleiterscheinungen: Ehrenfolgen und Zwangsmittel gegenüber den Eltern; zivilrechtliche Fragen Anwendbarkeit des Art. 40 auf die Jugendlichen. Ehrenstrafen und Probation im speziellen (Art. 57). Bestrafung der Eltern. Ent- ziehung der elterlichen Gewalt im Straf- und Zivilrecht. Fragen der Allgemeines. Ausgangspunkte. Inkonsequenzen des Gesetzgebers. Unterscheidung darnach zu treffen, ob die reduzierte gewöhnliche Verbrechensverjährung. Beispiel. Die Probation als Korrektiv. Ausdehnung der Verjährungsfrist auf die ganze Jugendzone. Vor- Vom Kind zum Jugendlichen; keine prinzipielle Scheidung. Von Strafunmündigkeit zur Strafmündigkeit (Grenze 18. Altersjahr). Ver- such der Herabsetzung der Härten. Fakultative oder obligatorische Strafmilderung? Reduktion der Verjährungsfristen. Die Verjährung der Übergangsfälle; anschließend: die Verjährungsbestimmungen der von Kindern und Jugendlichen begangenen verbrecherischen Hand- |