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Kapital einen Stamm, einen Werthstamm, der öfter Früchte trägt, ohne selbst dadurch untergehen zu müssen.

Eine als Kapital fungirende Sache muss nicht nothwendig eine Werthgrösse, ein Werthstamm, sie Kann auch ein Güterstamm sein, d. b. sie kann auch eine Naturalienmasse bilden, die durch nützliche Anwendung ihrem Besitzer fortwährend einen Naturaliengewinn einbringt, den er stets als Consumtionsvorrath benutzen kann. So z. B. bildet die Saatfrucht auch schon vor dem Entstehen der Geldwirthschaft und des Tauschwerthes für den Ackersmann und für die Nation überhaupt ein Kapital, oder einen Güterstamm, der stets ein Gütereinkommen liefert, ohne dadurch selbst unterzugehen. Dieser Güterstamm, die Saatfrucht, wurde freilich im Boden vernichtet, aber sie hat zur Erntezeit gleichzeitig mit dem Gütereinkommen sich selbst wieder erzeugt und ist hierdurch zu einem permanenten Güterstamn oder Naturalienkapital geworden.

Wir können also die Definition des Kapitals dahin bestimmen: Kapital ist jeder angesparte Werthstamm, oder erzeugte Güterstamm, der ein Werth- oder Gütereinkommen, ohne sich selbst dabei zu vernichten, einzubringen vermag.

Wenn nun ein Kapital eine durch Ersparung oder Er zeugung entstandene wirthschaftliche Nahrungsquelle sein soll, so kann es nur körperliches und kein geistiges Kapi tal geben; auch kann die persönliche Erwerbsfähigkeit, die weder angesparter Werthstamm, noch erzeugter Güterstamn ist, nicht, wie die Oekonomisten meinen, Kapital werden. Aus denselben Gründen kann auch die Arbeitskraft, wenn sie auch schon eine Nahrungsquelle ist, doch kein Kapital sein. Ferner können Güterstämme, die zur Benutzung und zur Zehrung dienen, nur als Consumtionsvorräthe und nicht als Kapitalien betrachtet werden. Es gibt folglich kein Nutzund kein Zehrkapital im Gegensatz zu einem Erwerbskapi

tal.*) Der Grund und Boden endlich ist zwar eine Nahrungsquelle, jedoch, weil er kein von Menschen erzeugter Güterstamm, ebenfalls kein Kapital für die Nation.

§. 2.

Arten des Kapitals.

Die verschiedenen Arten Kapitalien kommen erst mit den verschiedenen Stadien wirthschaftlicher Kultur zum Vorschein. Gewisse Arten von Kapitalien erscheinen schon im Stadium der Naturalwirthschaft; eine weitere Art kommt in dem der Geldwirthschaft hinzu, und in dem der Creditwirthschaft werden wir Kapitalien von wieder anderer Art gewahr. Dem entsprechend ergibt sich folgende Eintheilung des Kapitals:

1) Das Național- oder auch Natural kapital. Dies ist ein sich selbst aufrecht erhaltender, erzeugter Güterstamın, der, ohne sich selbst dabei zu vernichten, der Nation stets ein Gütereinkommen abwirft und auf diese Weise ihr als Nahrungsquelle dient. So ist z. B. die Saatfrucht ein erzeugter, nie versiegender Güterstamm, der, indem er sich stets selbst wieder erzeugt, zugleich der Nation noch einen Ueberschuss als Gütereinkommen abwirft, welchen sie als Consumtionsvorrath zu benutzen vermag. Ebenso bildet die Rindvieh-Heerde ein Nationalkapital; denn sie ist ein erzeugter, sich selbst ergänzender Güterstamm, der der Nation Käse, Butter, Fleischspeise als Gütereinkommen einbringt. Von derselben Art ist der Wald, der Bienenstock, der Dünger, die Obstbäume u. s. w.

Weil nun in der Naturalwirthschaft für den einzelnen Producenten keine andere Nahrungsquellen, als die der Nation überhaupt vorkommen, nennen wir das Nationalkapi

*) S. Herrmann, Staatswirthschaftliche Untersuchungen, S. 67 Anm.

tal auch Naturalkapital. Für die Hirtenvölker ist blos ihr Viehstamm Kapital, während die Ackerbauer in der Naturalwirthschaft schon mehrere Species von Güterstämmen als ihr Kapital aufzählen. Je grösser die Viehheerde, je mehr die Saatfrucht, je grösser der unversiegbare Güterstamm, um so grösser ist natürlich das National- oder Naturalkapital. 2) Das Unternehmer- oder Werthkapital. Für den einzelnen industriellen Unternehmer in der Geldwirthschaft gibt es keinen sich selbst wieder ergänzenden, Einkommen abwerfenden Güterstamm, und ein solcher kann ihm folglich nicht als Kapital, als Nahrungsquelle dienen. Diese Stelle vertreten für ihn die sich stets ergänzenden Werthstämme. Ein Kaufmann, der für 100,000 Thaler Waaren einkauft und sie für 125,000 Thaler verkauft und dieselbe Operation wiederholt, besitzt in seinen 100,000 Thalern Werth einen sich selbst ergänzenden Werthstamm. Weil nun ein solcher unversiegbarer Werthstamm nur die Nahrungsquelle des einzelnen Unternehmers und nicht die der Nation zu bilden vermag, nennen wir ihn Unternehmerkapital; weil ferner ein solches Kapital nicht in den materiellen Gütern, sondern in abstrakter Werthgrösse besteht, und weil diese abstrakte Grösse den Maasstaab für die Kapitalgrösse bildet, nennen wir es auch Werthkapital im weiteren Sinne, zur Unterscheidung von dem Nationalkapital.

3) Das Rentner- oder Leihkapital. Auch diese sind Werthkapitale, aber solche, welche nicht durch eigene industrielle Thätigkeit, sondern durch die Benutzung Dritter, denen der Besitzer sie als Darlehen gibt, dem Kapitaleigenthümer einen Zins einbringen, und die dadurch demselben als unversiegbare Nahrungsquelle dienen. Dies Leihkapital kommt natürlich erst in dem Stadium der Creditwirthschaft vor und kann nie der Gesammtheit als Nahrungsquelle dienen.

§. 3.

A. Das Nationalkapital.

Im Stadium der Geldwirthschaft, wo viele Arten Unternehmer, wie Kaufleute, Bankiers, Schiffsrheder, Spediteure u. s. w., von ihrem Kapitale sich ernähren, ohne gerade Producenten zu sein, brauchen auch die Kapital bildenden Güter, die ihnen als Nahrungsquelle dienen, nicht nothwendig Productionsgüter zu sein; bei der Nation überhaupt aber und in dem Stadium der Naturalwirthschaft, auch bei den einzelnen Unternehmern, die sich blos durch Productionsbetrieb ernähren, muss das Kapital, wenn es eine Nahrungsquelle sein soll, nothwendig in einem Stamm von Productionsgütern bestehen. Andere Gewerks-Güterarten, wie etwa Transportgüter (Schiffe oder Frachtwagen), oder Conservationsgüter (wie Blitzableiter) können demzufolge keinen Theil des National- oder Naturalkapitals bilden.

Aber auch nicht alle Arten von Productionsgütern gehören in den Bereich des Nationalkapitals, sondern nur diejenigen, welche zugleich stets sich selbst wieder erzeugen und hierdurch unversiegbare, sich selbst aufrecht erhaltende Güterstämme für die Nation bilden. Andere Arten von Productionsgütern aber, wie Werkzeuge und Maschinen, deren Materie immer nur von andern Species von Productionsgütern, aus dem Nationalkapital entstammt, bringen der Nation wohl ein Gütereinkommen ein, aber sie bilden keine Urquelle des nationalen Gütereinkommens und sind folglich keine Species des Nationalkapitals. Die Eigenschaft, eine Güterquelle oder ein Productionselement für die Gesammtheit zu sein, ist sonach ein wesentliches Attribut aller das Nationalkapital bildenden Güter.

Durch das Nationalkapital allein aber, als einzige Güterquelle, würde die Nation sich noch nicht ernähren können; wie z. B. könnte eine Schafheerde der Nation als Nahrungs

quelle dienen, wenn nicht gleichzeitig der fruchtbare Boden ihr Fütterung und die Menschenarbeit ihr Verpflegung gewährten? Die Nationalökonomen haben deshalb als Grundlage der Nationalernährung drei Arten Güterquellen angenommen: 1) Die productiven Kräfte, worunter sowohl die freien Naturkräfte (wie Wind und Sonne) und chemische und mechanische Kräfte, als auch die Menschenkräfte zu verstehen sind. 2) Die Güterbasen oder solche Güter, in deren Schooss die Natur alle Arten Rohstoffe gelegt hat, oder darin aufkeimen lässt, wie z. B. der fruchtbare Boden, die Bergwerke, die Kohlengruben und Fischereien. 3) Das Nationalkapital, das sich von den vorhergehenden Güterquellen dadurch unterscheidet, dass es ein sich selbst stets wieder erzeugender und ergänzender Güterstainm ist und theils ebenso, wie die Güterbasen, die Grundstoffe zu vielen andern Producten liefert, oder auch selbst neue eigenthümliche Consumtionsproducte als Einkommen erzeugt, z. B. der Honig der Bienen, die Milch der Viehheerde u. s. w.

Nur durch das Zusammenwirken dieser drei Güterquellen werden sie der Nation zur Nahrungsquelle, liefern sie ihr ein Gütereinkommen. So z. B. würden die Güterbasen (der fruchtbare Boden, die Bergwerke u. s. w.) ohne Anwendung einer andern Güterquelle, der productiven Arbeit, kein Gütereinkommen zu liefern fähig sein. Oft dient selbst das Gütereinkommen einer Art Güterquelle zur Verbesserung oder zur Ergänzung einer andern. So z. B. kann das Holzeinkommen des Waldbaumes zur Umzäunung des fruchtbaren Bodens, also zur Verbesserung einer Güterquelle benutzt werden. Ebenso dient der Graswuchs, den die Saatfrucht als Gütereinkommen der Nation liefert, durch seine Verfütterung zur Imstandehaltung einer andern Güterquelle, zur Erhaltung der productiven Thierkräfte.

Wie nun einerseits die Grösse des Nationaleinkommens nach der Grösse seiner drei Güterquellen sich bemisst, ebenso

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