Page images
PDF
EPUB

cil gewerbsmässig die Creditvermittlung im Allgemeinen betreiben. In einem noch weitern Sinne begreift man unter dem Ausdruck Banken alle Anstalten zur Erleichterung der Geldcirculation, wie z. B. die Girobanken von Amsterdam und Hamburg, welche mit Creditgeben gar nichts zu thun hatten. Das Creditinstitut erscheint nicht nothwendig, wie die Banken, als Geschäftsetablissement mit bestimmter Firma, wofür das Institut der Staatslotterie-Anlehen als ein Beispiel dienen kann.

Der Nutzen der Banken überhaupt und der der Creditinstitute insbesondere ist auch ein ganz verschiedener. Vermittelst der Banken wird der Contract zwischen Creditgeber und Creditnehmer hergestellt; durch sie erfährt der Rentner die Gelegenheit zum Placement müssiger Geldvorräthe, der Geldbedürftige die Quellen, woraus er sein Geldbedürfniss zu befriedigen vermag. Die Banken und die Comptoirs der Bankiers sind die Mittelpunkte, wohin ruhende disponible Gelder strömen und wo die Geldbedürftigen für ihren Bedarf sich vorsehen können; sie sind die Reservoirs, in welche alle augenblicklich disponiblen Gelder des Landes einzuströmen vermögen, um, die Production und den Handel befruchtend, in die verschiedensten wirthschaftlichen Canäle wieder auszuströmen.*) Ihrem beschränkteren Zwecke entsprechend macht sich dagegen der Nutzen der speciellen Creditinstitute darin bemerkbar, dass sie nur die Vermittlung von Creditgeschäften specieller Gattung mit speciellen

*) Sehr schön und klar ist dies von Maclead (Theory of banking, I. p. 209) hervorgehoben worden: „The functions of a bank, ,, then, in the commercial body ressemble those of the heart in the „human body. It attracts to it self capital, the life blood of commerce, from every direction, in the minutest rills, and having accumulated ,,it in a great reservoir, propels it through all the arteries and chan,,nels of commerce, vivifying and nourishing it, and spreading vigour and health through the whole commercial body." Siehe dagegen Courcelle-Seneuil a. a. O. Liv. I. Ch. XVI. ·

[ocr errors]

Zwecken intendiren. Ihre Aufgabe ist die Theilung der Arbeit in der Creditgeschäfts-Vermittlung, damit nicht eine Art der Bankunternehmung alle Arten der Creditgeschäfte vermittele und allen Arten Creditzwecken entspreche, dass die nämliche Anstalt nicht zugleich Hypothekenbank, Volksbank, Staatsbank u. s. w. sein müsse, wodurch der Vermittlungsdienst nicht nur ein unvollkommener, sondern auch ein weit kostspieligerer sein würde.

Die Theilung der Arbeit der Creditvermittlung unter verschiedenen Creditanstalten ist das Werk der modernen Verkehrsentwicklung; erst in unsern Tagen ist der Ausbau eines Systems der Creditinstitute von Statten gegangen. Ein kurzer historischer Rückblick ist hier am Platze.

Die Untersuchung, ob und welche derartige Anstalten im Alterthume vorhanden waren, überlassen wir mit Recht den Alterthumsforschern, weil in diesem Stücke die antike Verkehrsentwicklung, soweit sie auch gediehen sein mag, ohne erkennbaren Einfluss auf die heutige Gestaltung der Verhältnisse geblieben ist. Die dürftigen Keime derselben finden wir im Mittelalter im lombardischen Handel und Geldverkehr. In diesem Zweige menschlicher Thätigkeit hatten damals die italienischen Republiken den Vorrang; sie beherrschten nicht blos den Waarenhandel an den Küstenplätzen der Levante, sondern auch den Geldhandel in den vornehmsten abendländischen Reichen *); sie errichteten daselbst Factoreien und Banken; an 80 Bank-Etablissements und viele Succursale derselben beförderten den Geldhandel und der Credit war bei den Lombarden schon ein mäch

*) Roscher a. a. O. §. 187.

tiger Hebel des Verkehrs, als man im übrigen Europa noch keine Ahnung davon hatte. *) Die Lombarden, unter welchem Namen man die grossen Handelshäuser Ober- und Mittelitaliens überhaupt begriff, versahen den Dienst der heutigen haute finance. Die Bankiers Bardi und Peruzzi hatten 16,380,000 Franken an Eduard III. von England zu fordern. Schon zur Zeit der Kreuzzüge hatten sie die Handelsleute nach dem Orient begleitet, ihre Geldsorten gegen andere ausgewechselt, Zahlungen für sie besorgt und ihnen Darlehen bewilligt. Venedig, das im 15. Jahrhundert eine Handelsflotte von 3000 Schiffen besass, stand in enger Handelsverbindung mit Brügge, Antwerpen und überhaupt mit Flandern und London, wo sich in Folge davon viele italienische Bankiers ansiedelten.

Nicht minder verbreiteten sich dieselben in Frankreich, wo sie, obgleich vielen Verfolgungen ausgesetzt, doch auch grossen Gewinn machten, wie namentlich auf den berühmten Messen in Brie und Champagne. Die Vermehrung dieser Bankiers nahm dort zu, als die Päpste nach Avignon übersiedelten, und dies war für sie selbst von Bedeutung.,, Als ,,Vor und bei der Uebersiedlung der Päpste nach Avignon ,,am Anfang des 14. Jahrhunderts", sagt Neumann**), sich ,, die grosse Zahl der Bankcommanditen der Frescobaldi, Scali, Acciajoli, vor Allem der Perruzzini und nach deren Fall (1329) der Bardi in Flandern errichteten, öffnete sich ,, eine bleibende Einwirkung dieses Wechsler-Instituts auf ,, den deutschen Handel. Die Ueberbringer jener päpstlichen ,, Gelder aus den östlichen Districten des deutschen Rechts,, gebietes brachten jetzt die Gelder gewechselt, oft auch ,,'ungewechselt, nicht mehr direct an den päpstlichen Hof, , sondern traten in stete Verbindung mit jenen Commanditen der Niederlande, welche aus dem ganzen Norden

[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]

*) Blanqui, Histoire de l'Econ. politique, Chap. XX.

**) Neumann a. a. O. Kap. V. §. 5. S. 372.

4

[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]

,, bereits die Gelder der Christenheit dem päpstlichen Hofe zuführten. Da die Transporteure der Gelder noch bei der ,Weiterbeförderung ihrer Summen nach Avignon durch Wech,,sel in Brügge zugegen waren, kamen sie hier allgemein ,, zuerst in unmittelbare Berührung mit diesem Institute." Diese Geldoperation war damals den Päpsten besonders nöthig, weil der rohe Handelszustand der Ostländer den Kostenaufwand eines Banketablissements dort nicht erlaubte, weshalb auch der päpstliche Steuercollector Andreas de Verulis nicht die italienischen Bankhäuser in Brügge zu bewegen vermochte, dass sie ein Contor nach Breslau oder Krakau verlegten, um die päpstlichen Gelder dort einzusammeln.

Einen andern Entwicklungsgang nahm das Bankwesen in Deutschland. Fürsten, Bischöfe, Aebte und Städte, überhaupt alle die, welche das Münzregal besassen, übertrugen es zuletzt an die sachverständigen Goldschmiede, welche sich zu Münzgenossenschaften vereinigten.*) Mit diesem Privilegium der Münzprägung gewannen die Genossenschaften der Natur der Sache gemäss zugleich das Monopol des Münzwechsels.,,Ihre Wechselbanken befanden sich in einer Halle ,, am Münzgebäude." Das Münzwechselgeschäft wieder stand in natürlicher Verbindung mit der Geldleihe. Dies ist bereits das Geschäft der Nebenwechsler, die aus jener Genossenschaft vielleicht im dreizehnten Jahrhundert hervorgegangen sind.**) Bis zur Ausbildung des Hansabundes erscheinen die Lombarden als die Inhaber des Bankgeschäfts in Deutschland, besonders in Franken, Schwaben und Bayern. Es ist constatirt, dass viele Lombarden in Worms im Jahr 1234, in Siegburg bei Bonn im Jahr 1308, in Bingen 1353, in Solothurn 1382 u. s. w. sich aufhielten. Seit dem drei

*) Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der Stände, §. 47.
**) Neumann a. a. O., S. 357.

[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]

zehnten Jahrhundert betheiligte sich auch der Hansabund an den Bankgeschäften in Flandern.,,In dem Schutzbriefe des ,,Grafen von Flandern (J. 1307) für die deutschen Kaufleute ,, daselbst wird der Geldwechsel und jedes zinsbare Geschäft „ausdrücklich untersagt, während Brügge darauf, um die hanseatischen Städte zur Zurücklegung ihres Stapels nach ,,Brügge zu bewegen, unter andern Freiheiten feststellt: ,,legen Kaufleute Geld in den Wechsel von Brügge, oder sollen sie Geld von einem Wechsler empfangen und geschieht ihnen dabei zu nahe, so haftet die Stadt.<<"*) Im J. 1370 geschieht des Thorner Bürgers Hesin als Wechsler in Flandern Erwähnung; im Jahr 1408 des Gotschalk Hitfeld, ebenfalls aus Thorn, und Alexius Sachsen in Breslau. Sie dehnten ihren Geldverkehr sowohl durch eigene Reisen, als durch Fahrten ihrer Diener weit aus, der sich schon im Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts nicht mehr auf das Darlehen und einfachen Münzwechsel beschränkte, sondern auch auf Geldsendungen in das Hansagebiet, nach Süddeutschland und sogar bis hinauf nach Flandern sich erstreckte. Auch kommen jetzt häufig Marktwechsel zwischen Leipzig, Frankfurt und Venedig vor. Die im vierzehnten Jahrhundert durch die Italiener besorgte Erhebung der päpstlichen Gelder in den westslavischen Ländern geschieht jetzt durch deutsche, in Breslau und Krakau ansässige Bankiers.

Wenn wir dergestalt im späteren Mittelalter das Bankwesen also in seiner vollen Wirksamkeit erblicken, so fehlt doch die Spur von Creditinstituten oder der Theilung des Bankwesens mit Rücksicht auf das Leihbedürfniss besonderer Volksklassen und für Förderung besonderer Zwecke. Auch sind die Arten und Formen der Creditgeschäfte noch sehr einfach; sie bestehen wesentlich in Darlehen auf Faustpfand,

*) Neumann a. a. O., S. 376.

« PreviousContinue »