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fonds zu erwerben (in Bewegung zu setzen), z. B. wenn man Staatsobligationen des Zinsengenusses wegen vermittelst fälliger Wechselbriefe kauft und bezahlt.

Werthpapiere circuliren schnell oder träge, je nachdem sie vermöge der grösseren oder geringeren Sicherheit, oder wegen des dabei zu erwerbenden grösseren oder geringeren Gewinnes mehr oder weniger beliebt sind. Deshalb circuliren z. B. Pfandbriefe schneller, als LebensversicherungsPolicen, und Wechsel mit mehreren Giros rascher, als solche ohne Giros, und gute Eisenbahnactien, welche grössere Dividenden, als der allgemeine Zinsfuss ist, in Aussicht stellen, rascher als Papiere mit stetigem aber geringerem Zinsfuss. Der Reiz des Spielgewinns befördert die Circulation der Lotterieloose. Bei gleicher Sicherheit und gleicher Gewinngrösse wird dasjenige Werthpapier am schnellsten circuliren, dessen Uebertragung am wenigsten Mühe und Kosten verursacht, also ein Inhaberpapier schneller als ein Namenpapier, u. s. w.

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Auch die Circulation der Werthpapiere bildet bald eine lang-, bald eine kurzdauernde Bewegung; lange dauernd ist z. B. die der unaufkündbaren Staatsobligationen, StaatsLotterieloose und industrieller Actien; kürzer ist die der meisten Tratten; noch kürzer ist die der fälligen Coupons, der Cheques u. s. w.

Die Circulations - Bewegung aller Creditpapiere ist eine kreisrunde; sie gehen von dem Aussteller aus und kehren zur Verfallzeit zu ihm zurück, versteht sich und vorausgesetzt, dass er seine Verbindlichkeiten erfüllt, weil, wenn er dies unterlässt und der Regressanspruch gegen frühere Inhaber noch besteht, wie z. B. bei protestirten Wechselbriefen, eine rückgängige, eine umkehrende Circulation eintritt.

Schädlich kann die Bewegung der Werthpapiere werden, wenn sie in einem derartigen Import aus dem Auslande besteht, dass dadurch dem Gemeinwesen der für den Ver

kehr erforderliche Vorrath an Geld entzogen wird. Als z. B. die im Jahr 1857 in Amerika ausgebrochene wirthschaftliche Krisis alle amerikanischen Werthpapiere sehr im Curse drückte und in Folge davon viele amerikanische Werthfonds nach Europa importirt wurden, musste dies nothwendig eine Geldklemme auf allen europäischen Märkten herbeiführen.

In Bezug auf den Einfluss dieses Circulationsorgans auf die Entwicklung des Wirthschaftswesens überhaupt kommt in Betracht, dass es den Einzelwirthschafter gegen früher in einen Zustand noch grösserer Abhängigkeit versetzt hat. Wenn der Unternehmer früher schon in seiner Consumtion und Production von andern Personen und von dem Besitz besonderer Sachen, wie Geld, abhängig war, so wurde er jetzt auch noch von dem Credit Anderer abhängig. Ein Wirthschafter kommt jetzt nicht blos in Verlegenheit, wenn ihm Geld oder Credit fehlt, sondern auch wenn der Credit dritter Personen wankt; seine Existenz ist auch von dem Credit der Creditgeber, z. B. von dem der Wechseldisconteurs abhängig.

Nun ist aber augenscheinlich, dass, je grösser die Abhängigkeit jedes cinzelnen Wirthschafters von allen andern, um so ausgebildeter der wirthschaftliche Organismus und um so vollkommener die Volkswirthschaft ist. In der Naturalwirthschaft, wo Jeder lediglich von sich selbst abhängt, ist, wie wir schon oft ausgeführt haben, auch die Production in der Quantität klein, in Qualität gering, in der Varietät unbedeutend. Mit dem Auftreten eines jeden neuen Circulationsorgans wird freilich diese Unabhängigkeit immer mehr und mehr beschränkt; das Aggregat aller Einzelwirthschaften wird immer mehr und mehr zu einem in scinen Theilen von einander abhängigen organischen Wirthschaftsganzen ;

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eben dadurch wird aber die Wirthschaft der Gesammtheit verbessert und zu einer vervollkommneten Volkswirthschaft. Indem nun die Circulation der Werthpapiere das letzte Glied der eisernen Kette der Abhängigkeit des Einzelwirthschafters schmiedet und sie ihn zu einem kleinen Ring in der grossen Kette des Wirthschaftswesens herabdrückt, ist sie es gerade, welche die Gestaltung des wirthschaftlichen Circulationsorganismus vollendet und die Leistungen der andern vier Circulationsorgane ergänzt.

Auf die Schattenseite dieser Circulationsarten, insbesondere der jeder einzelnen entsprechenden wirthschaftlichen Krisis, kommen wir später (Kap. VIII) zurück.

III. Kapitel.

Von den Creditgeschäften und den Credit

instituten.

Erste Abtheilung.

Von den Creditgeschäften.

§. 33.

Von den Creditgeschäften überhaupt.

Creditgeschäfte sind alle Verträge, welche den Credit zur Basis haben und wo zugleich der Borger nur wegen eines zu machenden Gewinnes oder eines abzuwehrenden Schadens das Zutrauen des Creditgebers in Anspruch nimmt. Solche Handlungen dagegen, die sich nur durch ein geschenktes Vertrauen äussern, die aber nicht Benutzung dieses geschenkten Vertrauens zu Gewinnzwecken sich vorsetzen, sind keine Creditgeschäfte; so z. B. sind die einer Girobank übergebenen oder einer Depositenbank zur Aufbewahrung (nicht zur Benutzung) überlassenen Gelder blos Vertrauens-, aber keine Creditgeschäfte (§. 11).

Darum ist auch an alle derartigen Contracte die Bedingung geknüpft, dass sie eine Zahlungs- oder Lieferungsverbindlichkeit zurück lassen. Alle Kauf- und Erwerbsgeschäfte, die sich bei ihrem Abschluss sogleich abwickeln, haben keinen Credit zur Basis.

Creditverträge sind entweder einfache oder zusammengesetzte; einfache, wenn sie blos eine Werthleihe, zusammengesetzte, wenn sie neben dieser noch ein Kauf- oder Lieferungsgeschäft zum Gegenstand haben. So z. B. ist das Creditiren gekaufter Waaren ein Leih- und zugleich ein Kaufgeschäft.

Sie haben ferner nicht, wie früher, eine gewisse Sache, sondern eine gewisse Werthgrösse zum Leihgegenstand. Blos in der Naturalwirthschaft, wo der Gebrauchswerth noch eine grosse Rolle spielt, behauptet die Sachleihe ihre Bedeutung; in der Geldwirthschaft aber, wo der Tauschwerth zur Geltung gekommen, bildet nur die Werthleihe das Object der Creditgeschäfte. Nicht gleiche Quantitäten und Qualitäten, sondern gleiche Grössen, Tauschwerthgrössen, bilden das Princip bei den Leistungsbedingungen der heutigen Creditgeschäfte. Darum muss auch heutigen Tages bei Leistungsversprechungen gewisser Sachen oder gewisser Dienste, wenn diese nicht eingehalten werden, der Werth derselben bezahlt werden.*)

Es gibt Creditgeschäfte, wo die Leistung eine einseitige, oder beiderseitige, oder Null ist. Einseitig ist die Leistung, wenn blos der Leiher das Leihobject hingibt, wofür der Schuldner durch spätere Gegenleistung sich zu liberiren verspricht; beiderseitig ist sie, wenn der Creditgeber das Leihobject und der Creditnehmer das Pfand hingibt; Null endlich, oder von keiner Seite ist eine Leistung geschehen, bei den

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*) Aehnliches sagt Stuart (An inquiry, B. IV. Part. I. Ch. II. p. 9) in Beziehung auf Leistungsverbindlichkeiten gewisser Dienste: When actions only are stipulated in contracts, credit (in a strict ,, acceptation of the term) is little concerned; because no adequate ,, security can be given for performing an action; such contracts stand wholly upon the willingness and capacity of acting which depends more upon the person than upon the faculties of the debtor. To supply that defect, we see penalties usually stipulated in such ,, cases; which reduce those contracts in an alternative obligation of ,,either doing or giving."

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