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Circulationsorganen. Während die Gütercirculation hauptsächlich die Vervielfältigung, die Varietät der Consumtionsmittel herbeiführt, bewirkt die Kapitalcirculation die Vergrösserung und Vervollkommnung der nationalen Production. Durch die Gütercirculation wird der Einzelne und das Volk in den Stand gesetzt, die Producte anderer Personen und fremder Länder zu consumiren; die Kapitalcirculation aber befördert in erster Linie nicht sowohl die nationale Consumtion, als die nationale Production. Von der Geldcirculation aber unterscheidet sie sich darin, dass diese einem andern Circulationsorgan, der Gütercirculation, dient und deshalb ein unselbstständiges ist, während die Kapitalcirculation ihren eigenthümlichen und selbstständigen wirthschaftlichen Nutzen hat.

Vergessen dürfen wir jedoch nicht, dass dieser nationale Nutzen des circulirenden Kapitals von dem Privatnutzen des Unternehmerkapitals überhaupt und von dem des circulirenden insbesondere ein sehr verschiedener ist. Der Privatnutzen des Unternehmers besteht nicht blos darin, dass er dadurch einen Gewinn, einen Kapitaliengewinn bezieht, sondern auch schon darin, dass er jetzt schon ohne Grundbesitz ein Unternehmer und überhaupt ohne bestimmten Sachbesitz ein Producent zu werden vermag (§. 7). - Die Stellung des einzelnen Unternehmers anlangend, so erscheint sie, in Folge der Action des Circulationskapitals, theils unabhängiger als früher, theils auch wieder abhängiger. Sie wird unabhängiger von dem Besitz gewisser Güterarten, insofern der Einzelne nicht mehr, wie früher, um Producent zu sein, Grundeigenthum, Sklaven oder einen Viehstand besitzen muss, ja er braucht sogar jetzt, als Unternehmer, nicht einmal Producent zu sein. Dagegen ist jeder Wirthschafter um so abhängiger von andern Personen und andern Wirthschaftern geworden: der Müller kann nichts produciren, wenn der Ackersmann, der Bäcker nichts, wenn

der Müller, der Baumwollzeug-Fabrikant in England nichts, wenn der Baumwollpflanzer in Amerika nichts oder nur wenig erzeugte. Schon die ältere Gütercirculation macht den Einzelnen in seiner Consumtion von andern Wirthschaftern, von den Handelsleuten abhängig; schon die Geldcirculation bindet ihn in seiner Consumtionsfähigkeit weiter an die Sorge für den Besitz einer besondern Güterart, des Geldes. Durch die Action des Circulationskapitals aber wird auch das Wohlergehen des Producenten oder der Unternehmer überhaupt von dem Wohlergehen der andern abhängig; die Nahrungsquelle der Einen kann nur mit der Nahrungsquelle der Andern fliessen. Es entsteht folglich eine Solidarität des wirthschaftlichen Wohlergehens unter allen Einzelwirthschaftern, welche den früher schon unter ihnen bestandenen Verband noch fester knüpft und wodurch das in der Naturalwirthschaft vorhandene Aggregat von Einzelwirthschaften immer mehr und mehr in ein harmonisches Ganze, in einen wirthschaftlichen Organismus umgewandelt wird.

Erste Fortsetzung.

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§. 25.

Bewegungen des Circulationskapitals.

Das Circulationskapital circulirt zu Erwerbszwecken bald in der Form von Kapitaliengütern, bald in der von Kapitaliengeld. Aber ein und dasselbe Gut und ein und dasselbe Geld kann zuweilen für zwei Personen, für den Geber und für den Nehmer, in zwei verschiedenen Eigenschaften sich bewegen. In dem Verkehr zwischen Consumenten und Producenten ist das verkaufte Gut für diesen Kapitaliengut, für jenen Consumtionsgut, und ebenso das dafür bezahlte Geld für diesen Kapitaliengeld, für jenen aber Consumtionsgeld. So z. B. bewegt sich das Brod aus den Händen des

Bäckers für denselben in der Eigenschaft als Kapitaliengut, sowie das dafür empfangene Geld für ihn Kapitaliengeld bildet; dagegen empfängt der Brodkäufer dasselbe in der Eigenschaft eines Consumtionsguts, sowie das dafür bezahlte Geld für ihn Consumtionsgeld ist. In dem Verkehr zwischen zwei Producenten oder zwei Gewerbtreibenden ist das verkaufte Gut für beide Theile Kapitaliengut, sowie das dafür bezahlte Geld für beide Theile Kapitaliengeld bildet. So z. B. bewegt sich das verkaufte Mehl vom Müller zu dem Bäcker für beide in der Eigenschaft eines Kapitalguts, sowie das dafür bezahlte und empfangene Geld für beide in der Eigenschaft eines Kapitaliengeldes erscheint. Ist im Verkehr der Geldempfänger kein Unternehmer vorhanden, so ist das bezahlte Geld beiderseits ein Consumtionsgeld, z. B. wenn man einem Lohndiener, um den Weg nach dem Theater zu zeigen, seinen Lohn bezahlt. Wie zwischen Person und Person, so sind auch diese verschiedenen Circulationsbewegungen zwischen Nationen zutreffend. Oft bewegt sich auch eine Geldsumme für eine und dieselbe Person, für den Geldempfänger in zwei verschiedenen Eigenschaften: nämlich als Kapitaliengeld und zugleich als Consumtionsgeld. z. B. besitzt der Brutto-Gelderlös des Lederfabrikanten zwei ganz verschiedene Geldeigenschaften für denselben: der eine Theil dieser Geldeinnahme, den er zur Fortsetzung seines Geschäftsbetriebes bestimmt, ist für ihn Kapitaliengeld; der andere Theil dieser Geldsumme aber, welche ihm als Profit zukommt und den er zur Bestreitung seines Consumtionsbedarfs und des seiner Familie bestimmt hat, ist für ihn Consumtionsgeld.

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So

Wenn nun immerhin ein individuelles Geldstück dergestalt zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Personen bald als Consumtionsgeld, bald als Kapitaliengeld erscheint, so ist doch nie zu vergessen, dass es für die Gesammtheit im Ganzen und Grossen kein werbendes Kapital,

folglich auch keine Kapitaliengelder und keine Kapitaliengüter gibt. Für sie ist deshalb das Geld jederzeit ein Circulationsgut.*)

Es ist also sehr wohl möglich, dass das Privat- und das Nationalinteresse bei einer Geldoperation in Collision gerathen. Wenn z. B. viele Kapitaliengelder zum Waareneinkaufe ins Ausland gesendet werden, so könnte für eine kurze Zeit das nationale Circulationsinstrument für das Inland zu sehr verkürzt werden, wenn auch das Gleichgewicht der Güterpreise in den verschiedenen Ländern die nöthige Geldmenge dem Inlande bald wieder zuführen wird (§. 23). Aber es kann in diesem Falle nicht blos das Privatmit dem Nationalinteresse, sondern auch das Interesse der Unternehmer mit dem der Consumenten durch eine derartige Geldoperation in Collision gerathen. Wenn z. B. plötzlich viele Auswanderer oder eine Krieg führende Regierung viel Consumtionsgeld nach dem Auslande versenden, so können für eine kurze Zeit hindurch die einheimischen Unternehmer an Kapitaliengeldern Mangel leiden. **)

*) Anderer Ansicht ist J. B. Say (Cours, Partie IV. Ch. XII.): ,Il y a aussi“, sagt er,,, une partie du numéraire national qui fait ,,partie des capitaux: c'est cette partie que l'on a accumulée pour ,, l'employer lucrativement." Unten in der Anmerkung sagt er: C'est avec regret que l'on retrouve dans le livre d'Ad. Smith, où il y a ,, si peu d'erreurs, celle qui regarde les monnaies comme faisant tou,,jours partie du capital national."

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**) J. B. Say (Cours, Partie IV. Ch. XII. p. 572), der die doppelte Eigenschaft des Geldes als Consumtionsgeld und Kapitaliengeld übersieht, sagt sonderbarer Weise: Quand un fermier m'apporte le ,,loyer de sa ferme, comme ces écus ne sont point une portion de ,,mon capital ni de celui de personne, si je les emploie à faire un voyage en Italie, si conséquemment je les emporte dans l'étran„ger, par cette action je ne fais sortir de mon pays aucune portion de son capital; il n'y a pas dans mon pays, ni ailleurs, une seule ,, entreprise industrielle dont le capital se trouve par là diminué d'un écu."

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Die Bewegungen des Circulationskapitals können von dreifachem Standpunkte aus betrachtet werden und sind dann in ihrer Natur verschieden:

1) Wenn man die Bewegungen des Kapitaliengeldes und der Kapitaliengüter eines Circulationskapitals isolirt betrachtet, so sind sie hin- und hergehende Bewegungen. Das Geld, welches der Unternehmer ausgibt, welches sich von ihm hinweg bewegt, kehrt später als Gelderlös wieder zu ihm zurück; ebenso wird das eingekaufte und zu der Unternehmung hinbewegte Kapitaliengut später wieder verkauft und bewegt sich wieder von der Unternehmung hinweg.

2) Anders erscheinen diese Bewegungen von dem Gesichtspunkte aus, wo sie als eine Operation des Unternehmers in ihrer Totalität aufgefasst werden, so viele deren nämlich nöthig sind, bis zu dem Moment, wo der Unternehmer sein Kapital nebst Gewinn in Geldform wieder in Händen hat. Es ist dies der eigentliche Standpunkt des Unternehmers als solcher; für ihn erscheint die Circulationsbewegung seines Kapitals, die des Kapitaliengeldes und der Kapitaliengüter zusammen, als eine rotirende, als ein Kreislauf, bei welchem das Kapital bei jedem Operationsanfang in Geldform sich von ihm entfernt und am Ende derselben stets wieder in derselben Gestalt zu ihm zurückkehrt.

3) Die Circulationsbewegung der Kapitaliengüter durch mehrere mit einander verbundene Unternehmungen. Die meisten Güter nämlich werden nicht in einer einzigen Art Unternehmung fertig gearbeitet, sie müssen meistens zu diesem Zwecke mehrere und verschiedene Unternehmungen durchwandern; so z. B. muss der Waizen des Pächters wegen seiner Vervollkommnung zuerst zu dem Müller, dann zu dem Bäcker sich hinbewegen. Eine solche Circulationsbewegung ist keine hin- und hergehende, auch keine kreisförmige, sondern eine fortschreitende, da die Güter

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