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griechische und lateinische Form Druides), Zauberer oder Magier bedeutet1. Je nach ihrer Sonderbeschäftigung nannte man sie auch noch Mathematiker 2, Mediker3, Theologen, Philosophen, und Pomponius Mela belegt sie mit dem Namen magistri sapientiae, Weisheitslehrer 5.

Ähnlich den Priestern Brahmas in Indien, den Brahminen, und jenen der ägyptischen Gottheiten, stellten auch die Druiden eine Genossenschaft, obschon keine eigentliche starr abgeschlossene Kaste dar, denn ihr Amt pflanzte sich nicht durch Erbschaft fort. Der Löwenanteil der allgemeinen Achtung und des Einflusses entfiel auf das Haupt dieser Priesterschaft, auf den Ober- oder Erzdruiden (Coibhi Druid), den Vorstand des gesamten Kollegiums 6. Nur der würdigste und von dem Ansehen der Standesgenossen am höchsten getragene Druide gedieh zum Besitze dieser Würde, welche beim gleichzeitigen Vorhandensein mehrerer verdienstvoller Bewerber durch die Wahl verliehen wurde; zu Zeiten musste indes sogar der gottesgerichtliche Zweikampf die Entscheidung herbeiführen 7

Der hohe gesellschaftliche Rang, die mit ihm verbundenen weitgehenden Vorrechte als: eigene, freie Gerichtsbarkeit, eigenes vom Adel unabhängiges Steuerwesen (nicht gänzliche Steuerfreiheit, wie gewöhnlich behauptet wird), Befreiung vom Kriegsdienste schufen den Beruf eines Druiden selbstverständlich zu einem sehr begehrenswerten, und man begreift im Zusammenhalte mit diesen Verhältnissen die Mitteilung Caesars, dass Viele, verlockt durch jene

1 Die irische Bibelübersetzung gibt das Wort Zauberer oder Weise stets mit Draoithe wieder, z. B. Exod. 7, 11: Anois Draoithe ne Hegipte dor innedursanfos aran modhgceadna le nandroigheachtuibh. Matth. 2, 1: Feuch Tangadar Draoithe o naird shoir go Hiarusalem. Die Zauberkunst heisst irisch: Druidheacht, der Druidenstab oder das Symbol der Druidenwürde: Slatnan Druidheacht. Toland, History of the Celtic religion and learning, pag. 56-59, 66–67.

2 Suetonius, Tiberius, 36.

3 Plinius, Hist. natur. XXX, 4.

4 Tacitus, Annales, II, 32. Plinius, XXIX, 12.

5 Pomp. Mela, De situ orbis, lib. III, 2. Über die zahlreichen Ableitungen und Erklärungsversuche des Wortes: Druide vgl. K. Barth, Über die Druiden der Celten, S. 10 u. ff.

6 Barth, a. a. O. S. 32.

7 Caesar, lib. VI, 13.

8 Creuzer, Symbolik und Mythologie der alten Völker, fortges. von Mone. 6. Teil. S. 390.

Vorteile, entweder freiwillig, oder von Eltern und Verwandten angetrieben, sich dem Druidenstande widmeten 1. In dem zahlreichen Zufluss von Schülern las man sogar die günstige Bedeutung eines gesegneten Jahres 2.

Der Wirkungskreis der Druiden schied sich nach den verschiedenen Richtungen aus, welche sich auf der Grundlage der Bedürfnisse und Gewohnheiten des ihrer Führung und Leitung sich unterordnenden Volkes erhoben. Sie waren nicht nur die Vermittler zwischen diesem und der Gottheit, die Priester, sie waren auch seine Richter, sie waren seine Ärzte, ja seine Seher, denn man schrieb ihnen divinatorische Begabung zu; sie waren im weitesten Umfange des Wortes seine Lehrer und Erzieher kurz, die eigentlichen Verwahrer alles Wissens, die Verfasser und Erklärer aller göttlichen und menschlichen Satzungen 3, so dass der Dichter Lucan von ihnen sagen konnte, es sei ihnen allein gegeben, die Götter zu erkennen und die himmlischen Mächte 4. Gross war die Gewalt der Druiden. Wehe demjenigen, und mochte er auch zu den Angesehensten des Adels und der Obrigkeit gehören, der sich erkühnte, ihrer Entscheidung zu trotzen; ausgeschlossen wurde er von allen Opfern und aus der Gemeinschaft Aller. Damit war ein furchtbarer Bann über ihn verhängt, das Brandmal der Ruchlosigkeit schändete ihn, und ihn mieden Alle, selbst seine Anrede floh man, um nicht von dem Fluche angesteckt zu werden, den der Druidenmund auf ihn geschleudert 5.

Solche Machtstellung und ihre Anerkennung seitens des Volkes konnte nur wurzeln in einem über den rohen, ungebildeten Massen schwebenden Geiste, in einem Wissen und Können, welches dem Verständnisse und Einblicke des breiten Haufens entrückt war; sie konnte nur Halt gewinnen in einer alle Volksschichten durchtränkenden Anschauung, dass die Aussprüche der Druiden »Urteile des Himmels selbst << (breatha nimhe) 6 seien.

Das bedeutendste Mittel, seinen Einfluss zu wahren und zu festigen, erkannte und übte das Druidentum in der Erziehung der Kinder. Der Druidenorden riss dieselbe an sich, nicht bloss jener,

1 Caesar, VI, 14: Tantis excitati praemiis et sua sponte multi in disciplinam conveniunt et a parentibus propinquisque mittuntur. 2 Strabo, IV, 4, §. 4. 3 Amedée Thierry, Hist. des Gaulois, II, 1. 4 Solis nosse Deos et coeli Numina vobis

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Aut solis nescire datum.

(Luc. Pharsal. lib. I, 1. V. 452.)

5 Caesar, VI, 13. 6 Toland, History p. 85.

die sich dem Druidismus selbst widmen wollten, sondern aller, und nötigenfalls sollen die Kinder den Eltern zum Unterrichte mit Zwang weggenommen worden sein1.

Bestimmend auf die Gestaltung der druidischen Lehrmethode wirkte das Streben, dem profanen Auge das Eindringen in den Geheimschatz des druidischen Wissenskreises zu erschweren oder unmöglich zu machen. Die Druidenschüler mussten sich nämlich den ganzen Lehrstoff durch eine einseitige Gedächtnispflege aneignen, zu welchem Behufe sie eine grosse Menge von Versen man spricht von zwanzigtausend auswendig zu lernen hatten 2. Was diese Verse betrifft, so waren sie höchst wahrscheinlich nach dem in der keltischen Zahlenlehre vorwaltenden Gesetze der Dreiheit in sogenannten Triaden und in einer nur dem Eingeweihten verständlichen mystischen Sprache verfasst. Bekanntlich gilt in der keltischen Archäologie jede, drei Gegenstände irgend einer Wissenschaft zusammenfassende Rede als eine Triade3, eine noch in der walisischen Sprache enthaltene Darstellungsform des Druidismus; es ist dies ein Überlieferungssystem, welches durch die Einrichtung des Bardenwesens seine höchste Vollkommenheit erhielt und zur Einkleidung jeder Art von Kenntnis und Wissenschaft angewandt wurde 1.

Die Druidenschüler durften somit dem Geiste mit Hilfe der Schriftzeichen nichts vermitteln. Als Grund nennt Caesar, dem wir diese Mitteilung verdanken, die Geheimhaltung der Lehre, sowie noch einen rein pädagogischen Zweck, nämlich die Stärkung des Gedächtnisses, das, nach desselben Gewährsmannes Ausdruck, im Vertrauen auf das Hilfsmittel der Schrift gewöhnlich vernachlässigt werde3. Ob Caesar mit seinen Angaben, welche er ja nicht

1 Barth, a. a. O. S. 105.

2 Caesar, VI, 14: Magnum ibi numerum versuum ediscere mittuntur. 3 Als Beispiel einer aus dem Walisischen stammenden Triade diene:

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Schnee ist auf dem Berge! der Vogel ist futterfrässig

Rauhe Pfeifen blasen auf dem Vorgebirge

In der Not ist der Freund am schätzbarsten.

(Davies, Mythologie of the Druids p. 75.)

4 Mone, Gesch. des Heidentums. 2. T. S. 430. 431.

5 Caesar, VI, 14: Id mihi duabus de causis instituisse videntur, quod neque in vulgum disciplinam efferri velint, neque eos, qui discunt, litteris confisos minus memoriae studere; quod fere plerisque accidit, ut praesidio litterarum diligentiam in perdiscendo ac memoriam remittant.

unmittelbaren Äusserungen der Druiden entnahm und die er selbst nur als sein Vermuten darstellt, der Wahrheit nahe gekommen, muss auf sich beruhen. Wenn indes die Druiden in der That mit ihrer Unterrichtsmethode auch die Zucht des Gedächtnisses verfolgten, so wichen sie hierin nur wenig von dem Lehrgebrauche der alten Griechen und Römer ab, welche den Knaben Denksprüche (Chrieen, Sentenzen) zum Auswendiglernen gaben, um den jugendlichen Geist, der eines schnellen und zugleich sicheren Fortschreitens noch nicht fähig, zu leichterem Erfassen zu erziehen 1.

Was aber auch immer die Druiden zu ihrer strengen Methode vermochte, so dürfte doch soviel sicher stehen, dass das Verbot des Nachschreibens sich lediglich auf die Schüler bezogen haben könne, denn dass überhaupt die sämtlichen Lehrsätze gar nicht aufgeschrieben worden wären, dass der Druidenorden keine geschriebene Sammlung derselben gehabt, sondern ihre Forterbung nur mittelst des Gedächtnisses bewerkstelligt habe, ist bei dem schwankenden Wesen des Gedächtnisvermögens nicht wohl annehmbar; mit Recht hat man vielmehr darauf hingewiesen, dass die Gleichförmigkeit der Lehre, ohne die sich diese nicht so lange hätte erhalten können, nicht von der Gedächtnisstärke Einzelner abhängig gemacht werden durfte 2.

Angesichts der erwähnten Lehrmethode und des Umfanges der einzelnen, zum Vortrag gebrachten Disziplinen überrascht die Thatsache nicht, dass manche Schüler, und wahrscheinlich nicht die hellsten Köpfe, zwanzig Jahre brauchten 3, um den Studiengang zurückzulegen. Für einen schwächeren Verstand muss die mechanische Aneignung so vieler Tausende von Versen eine wahre Riesenarbeit gewesen sein, welche notwendig viel Zeit kostete. Man hat daher keineswegs nötig, diese Ausdehnung der Lernzeit mit dem billigen Bemerken abzuthun, es bedürfe eben einer langen Gewohnheit, um in Sophistereien Meister zu werden und vieler

1 Seneca, Epist. 33.

2 Barth, a. a. O. S. 28. Übrigens teilten die Druiden die Eigentümlichkeit, den Unterricht bloss an das lebende Wort zu knüpfen, mit Pythagoras, Sokrates, Empedocles, Parmenides, Melissos und Xenophanes. Auch in ihrer mystischen Sprachweise erinnern sie an die alten hellenischen Philosophen. Clemens Alex. Stromat. lib. IV. p. 358. 569, 571. (Köln 1688.)

3 Caesar, VI, 14: Itaque annos nonnulli vicenos in disciplina permanent. Pomp. Mela 1. c. sagt dagegen im allgemeinen: docent multa nobilissimos gentis vicenis annis.

Studien, um sich jene Fähigkeit anzueignen, welche die Regierung des Janhagels, den man an der Nase herumführe, erfordere 1.

Ob nun auch die Druiden ihren Schülern den Gebrauch der Schrift wehrten, besassen sie für sich doch, wie angedeutet, die Kenntnis der Schreibekunst. Schon das Verbot zu schreiben erhärtet diese Thatsache. Zudem ist die Vertrautheit der Druiden mit den Schriftzeichen durch das Zeugnis der Alten hinlänglich gewährleistet. Es war gallische Sitte, bei Begräbnissen ausser den Waffen, Geräten, Tieren und Sklaven auch Briefe zu verbrennen, damit der Tote sie entweder im anderen Leben selbst lesen oder anderen Toten über. geben könne. Nach der Schlacht bei Bibracte fanden sich im eroberten Lager der Helvetier Heeresverzeichnisse, die sogar in griechischen Schriftcharakteren verfertigt waren 3. Mehrere in Nimes, Vaison (Dép. Drôme), Gargas und Malance (Dép. Vaucluse) gefundene gallische Inschriften erheben für Südfrankreich die Verwendung griechischer Schriftzeichen durch die Gallier zur unumstösslichen Thatsache 4. Dieselben waren ihnen durch die grosse Griechencolonie Massilia überliefert worden, nachdem die Gallier den Gebrauch ihres ursprünglichen Alphabets, das dem griechischen nicht unähnlich gewesen sein soll, verloren oder in Vergessenheit hatten kommen lassen 5. Was die Verbreitung griechischer Schrift im Norden Galliens betrifft, so wissen wir allerdings, dass Caesar, als er von der nervischen Grenze aus einen Brief an seinen Legaten Cicero schrieb, sich der griechischen Zeichen bediente, um dem Feinde, falls ihm das Schreiben in die Hände fiele, seine Pläne nicht zu verraten 6. Nun waren die Nervier, wie die Belger über

1 So spricht sich Toland, History of the Druids p. 50 aus: Nor ought this (die lange Lernzeit) to seem wonder, since to arrive at perfection in Sophistry, requires a long habit as well as in juggling, in which last they (die Druiden) were very expert: but to be masters of both, and withal, to learn the art of managing the mob, which is vulgarly called leading the people by the nose, demands abundant study and exercise.

2 Caesar, VI, 14.

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Pomp. Mela, III, c. 2. Diod. Sicul. V, c. 28: In funeratione mortuorum, epistolas propinquis inscriptas in rogum conjiciunt, quae a defunctis deinde legantur.

3 Caesar, I, 29: Tabulae literis graecis confectae.

Revue

4 Beiträge zur vergleich. Sprachforschung, Bd. 2, 3, 4. Celtique, V, p. 120. Gröber, Grundriss der roman. Philologie, I, S. 291.

5 Frickius, Commentatio de Druidis, §. 13, pag. 183 (Ulm 1744). 6 Caesar, V, p. 48.

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