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Der Blumen Mutter

Die Zeit des Frühlings,
Von Stolz erglüht sie,
Erschafft sie dich;

Doch in Marilia's

Reizendes Lächeln

Goss seine Wonnen

Das Paradies.

Entscheid' es, Amor,
Wer schöner blühet,

Wer reiner glühet,

Du oder sie?

Entscheid' es, Venus

Schon naht die Göttin....

Nein, nein, nicht Venus,
Marilia naht.

Bocage's zügelloses Leben und sein frivol ausgesprochener Skepticismus machte ihn bei seiner Regierung missliebig, und ein Sonett „Gespensterischer Wahn der Ewigkeit" zog ihm Kerkerhaft und Einreihung unter das in Indien stehende Heer zu. Aus der Zeit seiner Haft stammen folgende zwei Sonette: Ein Geist, dem alle Geister unterthan,

In dessen Händen Welt und Ewigkeit,
Der Jahr um Jahr der Erde Frucht verleiht,
Der Berge ebnen kann im Ozean,

Ein Wesen, das nur fürchtet ein Tyrann,
Ein Tröster menschlicher Gebrechlichkeit:
Ein Gott ist's der Vernunft, der Menschlichkeit,
Das ist mein Gott, und ihn nur bet' ich an.

Doch den ihr wähnt: ein mächtiger Despot,
Der gegen Liebe stets bereit zur Rüge
Und donnernd züchtigt jede Schwäche nur,

Entsetzt vor ihm erzittert die Natur,
Es ist ein finst'rer Herrscher, ist ein Gott
Des Fanatismus, ist ein Gott der Lüge.

O süsse Freiheit, heiss ersehntes Gut,
Die du verdammst das Walten der Despoten,
Freiheit, nicht glänzt wie du in ihrer rothen
Aufgeh'nden Pracht der Morgensonne Glut.

Erhör' den Schrei verzweiflungsvoller Wuth,
Dein Antlitz zeige mir als Friedensboten,
Errette mir den Geist, den nachtumdrohten,
Von Nacht, darin er liegt, doch nimmer ruht.

Unsterbliche, vor deren Angesicht
Erbleichen muss der Sterne Himmelslicht,
Du Trost der Menschen, bleibe mir nicht fern!

Komm, Göttin, komm, dass meine Kette bricht!
Als Mutter grüsst dich jede Freude gern,
Erfreu' auch mich, o süsser Freiheitsstern!

Wie Camoens litt auch Bocage Schiffbruch, rettete, wie dieser, aus demselben seine Poesien, aber nur, um sie später durch diebische Hand wiederholt zu verlieren; die gleichwohl ermöglichte Erhaltung seiner Gedichte verdankte er seinem riesigen Gedächtnisse.

In Indien entstand nachfolgendes Gedicht, zu dessen näherem Verständnisse noch vorauszuschicken ist, dass auch Camoens zwangsweise als Soldat nach Indien kam, und im dritten Verse der ersten Strophe wolle sich der Leser jener Stelle aus des Camoens Louisiaden erinnern, wo am Cap der guten Hoffnung ein Riese, Namens Adamastor, einer der Titanen, die gegen Jupiter den Olymp hatten stürmen wollen, haust und den Vorübersegelnden kraft seiner Herrschaft über die Stürme die Weiterfahrt wehren will.

An Camoens.

Camoens, grosser Meister des Gesanges,

Der gleiche Unstern führt uns gleiche Bahnen
Vom Tajo fort, zum Kampf mit dem Titanen,
Der sich mit Zeus vermessen gleichen Ranges.

Wo murmelnd dir ins Obr gerauscht der Ganges,
Da muss, verbannt von Portugals Altanen,

An ferne Lust in tiefster Noth mich mahnen
Die Seele, voll des gleichen Sehnsuchtsdranges.

Das Ballspiel stets des launischen Glückes bleib' ich,

Wie du es bliebst; mein Elend endet nie,

Bis mich das Grab erlöst, um das ich fleh'.

O jammervoll Geschick! Durch hohe See

Durch jedes Leid auf deinen Spuren treib' ich,
Nur nicht zum Hafen deiner Poesie.

Gleichwie Bocage hier Bezug nimmt auf die Erscheinung Adamastors, so hat er auch die bekannte Episode aus den Lusiaden Iñes de Castro zu einem mehr durch lyrische Anmuth als durch plastische Gestaltung schönen Sonette zu verwerthen gewusst.

Auch in diesem Gedichte möchte eine Stelle einer vorausgeschickten Bemerkung bedürfen, es ist dies der erste Vers der zweiten Strophe: Iñez de Castro, die portug. Agnes Bernauer, hielt sich vorzüglich in einem Thal des Montego auf, und von ihrem idyllischen Zusammenleben dort mit ihrem fürstlichen Gemahl erhielt im Munde des Volkes eine Quelle den Namen: Brunnen der Liebenden."

Iñez de Castro.

Der schönen armen Iñez Ruf um Gnade,
Noch ist er nicht im Widerhall verschollen,
Noch tönt er himmelan mit stetem Rollen,
Als ob den Himmel er zur Rache lade.

Noch schluchzt im „Born der Liebe" die Najade,
Im Schmerz um Iñez thränenüberquollen;
Sieh, der Montego selbst mit wildem Grollen
Steigt, Blumen niedertretend, ans Gestade.

Noch klingt der Aether von den Lobgesängen,
Die, Pedro preisend, damals aufwärts stiegen,
Als er daher gestürmt zu seiner Schönen.

Schönheit und Liebe kann auch Grüfte sprengen:
Den Fürsten seht am Hals der Todten liegen
Und die Geliebte noch im Grabe krönen!

Bevor wir von dem Dichter Abschied nehmen, sei noch seiner wissenschaftlich - künstlerischen Bethätigung Erwähnung gethan. Wie in Neapel, so war auch auf hesperischem Boden eine besonders beliebte Unterhaltung die Improvisation. Nach einem von einem Beliebigen aufgestellten Satze musste in der zehnzeiligen trochäischen Strophe, die wir, Wesen und Form nachahınend, für die Glosse angenommen haben, augenblicklich Bescheid gegeben werden; häufig benutzte man solche Improvisationen zum öffentlichen Wettstreite zweier Dichter. Durch seine Kunst zu improvisiren, wurde Bocage ein wahres Wunder in den Augen seiner portugiesischen Zeitgenossen. Ein Muster ist er jedoch auch jetzt noch für Portugal als Uebersetzer; ich nenne hier nur seine' Uebertragung der Metamorphosen des Ovid.

Die zwei letzten Sonette, mit denen wir schliessen wollen, stammen aus seiner letzten Krankheit, das zweite derselben

dichtete er wenige Tage vor seinem Tode. Wirklich ergreifend ist in beiden der Ausdruck der Reue über die Frivolität seines früheren Lebens.

In der Krankheit.

Wenn thronend in demant'nen Höh'n der Grosse,
Vor dessen Fuss sich Weltgeschicke neigen,
Mein Leben liess' genesend höher steigen
Zu neuem Glücke mit bescheid'nem Loose,

Wenn meine Leier aus des Schlummers Schoose,
Darin sie ruhmvergessen schläft mit Schweigen,
Erwachte: Hymnen sänge sie im Reigen
Der Geister mit, kein irdisches Gekose.

Soll aber meine Blume welk verbleichen
In der Vernichtung, die ich näher schleichen
Schon fühl' im Schimmér meines Frühlingslichts:

Dann ruft mein Geist, ins Ew'ge ausgegossen,
Vom hehren Duft des Himmels schon umflossen:
„Fahr' wohl, Natur, fahr' wohl, du Welt, du Nichts!"

Eitel Rauch.

Mein Leben ist wie eitel Rauch zerstoben

Im Taumel überstürzter Leidenschaft:

-

Blind wähnt' ich, dass in mir die Menschenkraft
Unsterblich trotze jedem frechen Toben.

Den Himmel meines Lebens, stolz gehoben,
Träumt' ich zu schau'n im ew'gen Farbensaft.
Im Siecbthum bricht der sklav'sche Leib erschlafft,
Das schon dem Säugling Parzenhand gewoben.

Du mein Gefährte, mein Tyrann, o Lust,
Die Seele, die einst über's Fass gegohren,
Stösst dich zurück, sie kennt dich fürder nicht.

O lehre mich, reisst mich der Tod vom Licht,
Ein Augenblick, was Jahre mir verloren,
Zu sterben, der zu leben nicht gewusst!

Aschaffenburg.

Max Beilhack.

Ein Pilgerbüchlein.

Reise nach Jerusalem von 1444.

Die Papierhandschrift, der diese Reise entnommen ist, stammt aus dem Anfange des XV. Jahrhunderts; 40 mit 91 beschriebenen Blättern und einer grossen Zahl leer gelassener; jetzt Eigentum der K. Hof- und Staatsbibliothek in München cgm. 736, aus dem Kloster der Benediktiner zu St. Ulrich und Afra in Augsburg.

Die Handschrift verrät mehre Hände und mehre Zeiten der Abfassung. Bl. 1a—5a enthält ein regimen sanitatis, wol aus dem Schlusse des XIV. Jahrhunderts. Die Sprache weist auf schwäbischen Boden, wahrscheinlich nach Augsburg selbst. Dann folgen 3 leere Blätter. Bl. 6-16: kalenderartige Himmelszeichen, Erklärung von den 12 Strassen und Planeten und ihrer Bedeutung für die einzelnen Teile des menschlichen Leibes; von derselben Hand wie Bl. 1-5. Bl. 17-22a: Besegnungen, ohne Wert für die Mythologie; von derselben Hand. Bl. 22-23a: lateinische Besegnung mit einem Liede an die hl. Dreifaltigkeit: O beata orbe toto veneranda trinitas" u. s. w. Bl. 23-24a deutsche gute Uebersetzung des „, Veni sancte spiritus." Bl. 25a——70a von späterer Hand: eine Beschreibung Roms und seiner Kirchen, ähnlich den allbekannten lat. Beschreibungen nach Inhalt; die Sprache nicht mehr so rein, schon hochdeutsche Formen. Von einem Donauwerder. Von Bl. 70-86a steht unsere Reisebeschreibung, die wol von einem nicht in Augsburg gebornen, aber in Augsburg lebenden Verfasser ist, was die Andeutung vom Perlachberg und der St. Ulrichskirche bestätigt. Bl. 87-91: Verzeichnis der hll. Stätten, von anderer Hand als Bl. 70-86. In der Lautlehre des Augsb. Wörterbuches ist unsere Reise benützt; sie ist sprachlich interessant.

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