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Und süss, zu lauschen, wie nach seinem Treuen
Das Vogelweibchen ruft zum minn'gen Brüten;
Abwechselnd flöten sie, die Lieberglühten,
Durch schatt'ge Gärten, welche Düfte streuen.
Und suss, die Augen im Azur zu weiden,
Von dem der Himmel leuchtet und die See'n
Zur Rosenzeit der Herzen und der Haiden;

Doch süsser, offen deinen Arm zu seh'n,
Den Tod aus deinen Augen zu erleiden,
Todt für die Welt, an deiner Brust vergeh'n.

Klage um die ferne Geliebte.

Belebte Blume, munt're Philomele,

Was soll mir Trauernden dein Schmeichellaut?
Und du, was eilst du so, du Bächlein traut?
O bleib' bei mir, du dieses Thales Seele!

Ahnst du mein Leid nicht, liederfrohe Kehle,
Und höhnst du mein, der zu dir aufwärts schaut?
Und du, das zwischen Steinen plätschert laut,
Lachst du, dass ich um's ferne Lieb mich quäle?

So lang sollt ihr mitleidig bei mir weilen,
Bis nimmer fürder weitentleg'ne Meilen
Von ihr mich trennen; dann mögt ihr enteilen.

Auf deinem Fittich dann, o Nachtigall,
Trag' meine Seufzer; plätschernder Kristall,
Walz', die du trankest, meine Thränen all!!

Florida.

Dein Auge glänzt wie funkelnder Smaragd,
O Florida, so schön, so undankbar,
Es glänzt die volle Hand wie Silber klar;
O hätt' ich drauf den ersten Kuss gewagt!

Im Schein des Goldes, wie die Sonne tagt,
Mein Herz verflechtend flochtest du dein Haar,
Gold, wie's Brasiliens Hitze nur gebar,
Gold, wie's die Habsucht auf vom Pfühle jagt,

Der zarten Brust verführerischer Schein
Ist blendend schön wie Alabasterstein,
Drauf nieder Liebe warmer Hauch gefallen.

Nicht hört die Spröde meinen Liebesruf,

Da die Natur empfindungslos sie schuf,

Sie schuf aus Steinen nur und aus Metallen.

An die treulose Geliebte.

Noch ist es mir, als ob von deinen Eiden
Nachzitternd töne deiner Stimme Klingen;
Bezaubert faltete der Wind die Schwingen,
Der leise Wind, bei deinem Hauch bescheiden.
Verödet liegt gleich abgedorrten Haiden
Mein Denken all, das deine Reize zwingen,
In dir, um deren zärtliches Umschlingen
Mich Amor und die Grazien noch beneiden.

Vorüber Alles! Die vergang'ne Lust

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Malst du warum? mit glüh'nden Farbentönen,
Pinsel der Phantasie, mir in die Brust!

Genug! Lass mich der Leidenschaft entwöhnen,
Der Liebe, der so thörichten, so schönen,
So schön und dauernd wie der Rosen Blust!

An die Rose.

Anakreontische Canzonette.

Blume der Venus,
Farbige Rose,

Die du dich schaukelst
Zierlich und zart!

Alle beschämst du
Die Blumen der Erde
Dich aber beschämet
Marilia's Reiz.

Gleichwie der Sonne,
Der täglich entflammten,
Nimmermehr gleichkommt
Der wechselnde Mond:

So übertrifft auch
Marilia's Reine
Dich, Rose, die reinste
Blume der Welt.

Amor der Schäker
Malt ihr die Wangen
Mit blüh❜nderem Leben
Als dir das Haupt.

Du streckst nach Jedem
Ritzende Dornen
Marilia's Begegnen
Ist Anmuth und Huld.
Nicht zu verstehen
Vermagst du die Liebe,
An dir verschwendet
Die Küsse der Wind.

Marilia athmet,

Sie fühlt entgegen,
Sie seufzt bei meinem.
Zärtlichen Vers.

Der Blumen Mutter

Die Zeit des Frühlings,
Von Stolz erglüht sie,
Erschafft sie dich;

Doch in Marilia's

Reizendes Lächeln

Goss seine Wonnen

Das Paradies.

Entscheid' es, Amor,
Wer schöner blühet,

Wer reiner glühet,

Du oder sie?

Entscheid' es, Venus

Schon naht die Göttin....

Nein, nein, nicht Venus,
Marilia naht.

Bocage's zügelloses Leben und sein frivol ausgesprochener Skepticismus machte ihn bei seiner Regierung missliebig, und ein Sonett Gespensterischer Wahn der Ewigkeit“ zog ihm Kerkerhaft und Einreihung unter das in Indien stehende Heer zu. Aus der Zeit seiner Haft stammen folgende zwei Sonette:

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Ein Geist, dem alle Geister unterthan,

In dessen Händen Welt und Ewigkeit,
Der Jahr um Jahr der Erde Frucht verleiht,
Der Berge ebnen kann im Ozean,

Ein Wesen, das nur fürchtet ein Tyrann,
Ein Tröster menschlicher Gebrechlichkeit:
Ein Gott ist's der Vernunft, der Menschlichkeit,
Das ist mein Gott, und ihn nur bet' ich an.

Doch den ihr wähnt: ein mächtiger Despot,
Der gegen Liebe stets bereit zur Rüge
Und donnernd züchtigt jede Schwäche nur,
Entsetzt vor ihm erzittert die Natur,
Es ist ein finst'rer Herrscher, ist ein Gott
Des Fanatismus, ist ein Gott der Lüge.

O süsse Freiheit, heiss ersehntes Gut,

Die du verdammst das Walten der Despoten,
Freiheit, nicht glänzt wie du in ihrer rothen
Aufgeh'nden Pracht der Morgensonne Glut.

Erhör' den Schrei verzweiflungsvoller Wuth,
Dein Antlitz zeige mir als Friedensboten,
Errette mir den Geist, den nachtumdrohten,
Von Nacht, darin er liegt, doch nimmer ruht.

Unsterbliche, vor deren Angesicht
Erbleichen muss der Sterne Himmelslicht,
Du Trost der Menschen, bleibe mir nicht fern!

Komm, Göttin, komm, dass meine Kette bricht!
Als Mutter grüsst dich jede Freude gern,

Erfreu' auch mich, o süsser Freiheitsstern!

Wie Camoens litt auch Bocage Schiffbruch, rettete, wie dieser, aus demselben seine Poesien, aber nur, um sie später durch diebische Hand wiederholt zu verlieren; die gleichwohl ermöglichte Erhaltung seiner Gedichte verdankte er seinem riesigen Gedächtnisse.

In Indien entstand nachfolgendes Gedicht, zu dessen näherem Verständnisse noch vorauszuschicken ist, dass auch Camoens zwangsweise als Soldat nach Indien kam, und im dritten Verse der ersten Strophe wolle sich der Leser jener Stelle aus des Camoens Louisiaden erinnern, wo am Cap der guten Hoffnung ein Riese, Namens Adamastor, einer der Titanen, die gegen Jupiter den Olymp hatten stürmen wollen, haust und den Vorübersegelnden kraft seiner Herrschaft über die Stürme die Weiterfahrt wehren will.

An Camoens.

Camoens, grosser Meister des Gesanges,

Der gleiche Unstern führt uns gleiche Bahnen
Vom Tajo fort, zum Kampf mit dem Titanen,
Der sich mit Zeus vermessen gleichen Ranges.

Wo murmelnd dir ins Obr gerauscht der Ganges,
Da muss, verbannt von Portugals Altanen,
An ferne Lust in tiefster Noth mich mahnen
Die Seele, voll des gleichen Sehnsuchtsdranges.

Das Ballspiel stets des launischen Glückes bleib' ich,
Wie du es bliebst; mein Elend endet nie,

Bis mich das Grab erlöst, um das ich fleh'.

O jammervoll Geschick! Durch hohe See

Durch jedes Leid auf deinen Spuren treib' ich,
Nur nicht zum Hafen deiner Poesie.

Gleichwie Bocage hier Bezug nimmt auf die Erscheinung Adamastors, so hat er auch die bekannte Episode aus den Lusiaden Iñes de Castro zu einem mehr durch lyrische Anmuth als durch plastische Gestaltung schönen Sonette zu verwerthen gewusst.

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Auch in diesem Gedichte möchte eine Stelle einer vorausgeschickten Bemerkung bedürfen, es ist dies der erste Vers der zweiten Strophe: Iñez de Castro, die portug. Agnes Bernauer, hielt sich vorzüglich in einem Thal des Montego auf, und von ihrem idyllischen Zusammenleben dort mit ihrem fürstlichen Gemahl erhielt im Munde des Volkes eine Quelle den Namen: Brunnen der Liebenden."

Iñez de Castro.

Der schönen armen Iñez Ruf um Gnade,
Noch ist er nicht im Widerhall verschollen,
Noch tönt er himmelan mit stetem Rollen,
Als ob den Himmel er zur Rache lade.

Noch schluchzt im „Born der Liebe" die Najade,
Im Schmerz um Iñez thränenüberquollen;
Sieh, der Montego selbst mit wildem Grollen
Steigt, Blumen niedertretend, ans Gestade.

Noch klingt der Aether von den Lobgesängen,
Die, Pedro preisend, damals aufwärts stiegen,
Als er daher gestürmt zu seiner Schönen.

Schönheit und Liebe kann auch Grüfte sprengen:
Den Fürsten seht am Hals der Todten liegen
Und die Geliebte noch im Grabe krönen!

Bevor wir von dem Dichter Abschied nehmen, sei noch seiner wissenschaftlich-künstlerischen Bethätigung Erwähnung gethan. Wie in Neapel, so war auch auf hesperischem Boden eine besonders beliebte Unterhaltung die Improvisation. Nach einem von einem Beliebigen aufgestellten Satze musste in der zehnzeiligen trochäischen Strophe, die wir, Wesen und Form nachahınend, für die Glosse angenommen haben, augenblicklich Bescheid gegeben werden; häufig benutzte man solche Improvisationen zum öffentlichen Wettstreite zweier Dichter. Durch seine Kunst zu improvisiren, wurde Bocage ein wahres Wunder in den Augen seiner portugiesischen Zeitgenossen. Ein Muster ist er jedoch auch jetzt noch für Portugal als Uebersetzer; ich nenne hier nur seine Uebertragung der Metamorphosen des Ovid.

Die zwei letzten Sonette, mit denen wir schliessen wollen, stammen aus seiner letzten Krankheit, das zweite derselben

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