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Die angeführten Beispiele geben auch Aufschluss über die Konsonantenveränderungen; c wird häufig zu ch, ce zu tch, g und h lösen sich in- und auslautend auf, cg (-gg) werden dge, ƒ wird zu v, v löst sich in - und auslautend zum Vokale auf u. a. m.

§. 28.

Einfluss des Französischen auf das
Englische. *)

Nachdem wir so die Veränderungen haben kennen lernen, welche das Ags. in seinem Uebergange zum Englischen erlitten hat,

*) Vergl Thommèrel sur la fusion de l'Anglosaxon et du Franco-Normand Paris 1841.

kommen wir zu der Frage, wie gross der Einfluss des Französischen auf diese Veränderungen war. Vergleichen wir die Veränderungen, welche mit den übrigen germanischen Sprachen, seitdem wir sie aus Schriftdenkmälern kennen, vorgegangen sind, so kann es uns nicht einfallen, die Abstumpfuug und Abschwächung der Formen für etwas nur oder auch nur hauptsächlich aus französischem Einflusse Entsprungenes zu halten. Alle neuern Sprachen streben nach dieser Vereinfachung; die romanischen Sprachen haben die Deklination längst aufgegeben, ein grosser Theil unserer deutschen

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Mundarten kennt bereits keinen Genitiv und Dativ mehr und ersetzt sie durch Verhältnisswörter, welche sämmtlich den Akkusativ nach sich haben. Die holländische Schriftsprache, mit Ausnahme der Dichtung, hat die Deklination gleichfalls aufgegeben. Indessen ist keine der deutschen Schrift- und Volkssprachen so weit gegangen, als das Englische; alle haben den verschiedenen Artikel für die Hauptwörter verschiedener Geschlechter, alle den Unterschied zwischen schwacher und starker (oder konsonantischer und vokalischer) Deklination, alle die von der ersten Form der Einheit verschiedenen Mehrheitsformen im Praesens und Praeteritum, die Mehrsilbigkeit des Infinitivs, die vokalisch abgeleiteten Hauptwörter u. a. m., wenn auch nicht überall in gleichem Masse, bewahrt, was das Englische schon seit beinahe 500 Jahren völlig aufgegeben hat. Und doch zeigte das Ags. vor der Eroberung keineswegs eine grössere Neigung zur Abstumpfung und Vereinfachung der Biegungsformen, als die andern germanischen Sprachen. Dagegen ist freilich zu bemerken, dass die Vereinfachung der englischen Sprache zum grössern Theil vollendet war, als die Mischung mit französischen Wörtern erst überhand nahm. Diess rechtfertigt eines Theils unsere oben ausgesprochene Annahme, dass das Englische nicht aus dem schriftmässigen Angelsächsischen, sondern aus den angelsächsischen Mundarten, welche wahrscheinlich vor der Eroberung vielfach abgestumftere Formen, als die Schriftsprache hatten, hervorgegangen sei, berechtigt uns aber dessenungeachtet nicht, der Meinung des Dr. Price beizutreten, der in seiner Ausgabe von Wartons history of the English poetry I. 110 sagt: ;,dass diese Veränderungen eine Folge der normännischen Eroberung waren oder dadurch auch nur beschleunigt wurden, lässt sich durchaus nicht beweisen und nichts beruht so sehr auf der festen Grundlage vernunftgemässen Schlusses, als dass dieselben Wirkungen eingetreten sein würden, wenn Wilhelm und sein Gefolge in ihrem Vaterlande ge

blieben wären. Die wesentlichen Veränderungen bestehen, nach dem Urtheile Aller, in der Unterdrückung der grammatischen Schwierigkeiten, welche durch die Biegung des Nomen, durch die anscheinend willkürlichen Unterschiede im Geschlecht, durch das Verbundensein der Verhältnisswörter mit verschiedenen Kasus und dgl. m. verursacht werden. Wie weit diess als das Ergebniss eines eingeborenen Sprachgesetzes oder eines allgemeinen Gesetzes in der Organisation derer, die die Sprache sprechen, betrachtet werden kann, können wir für's Erste unentschieden lassen, aber dass es durchaus nicht von äussern Umständen, von fremdem Einflusse oder politischen Unruhen abhing, ist durch die unläugbare Thatsache festgestellt, dass jeder Zweig des niederdeutschen Stammes, aus dem das Ags. entsprang, dieselbe Vereinfachung der Grammatik zeigt. In allen diesen Sprachen ist eine beständige Neigung, sich von der Genauigkeit, die ein neues Symbol für jede kleine Verschiedenheit im Sinne wählt, zu befreien, um die Masse feiner Unterschiede zu vermindern und dem Meinungsverkehr gleichsam eine Landstrasse zu eröffnen." Der Beweis, auf den Price seine Meinung stützt, ist, wie wir gesehen haben, nicht stichhaltig, da zwar alle deutsche Sprachen, niederdeutsche so gut wie oberdeutsche und nordische, die Neigung zu immer grösserer Vereinfachung der grammatischen Formen zeigen, keine einzige aber, selbst nicht eine Volksmundart, darin bis auf den heutigen Tag entfernt so weit gegangen ist, als das Englische es schon vor 300 Jahren war.

auch nur

S. 29.

Einfluss des Französischen auf Laut- und Formenlehre des Englischen.

Der Einfluss des Französischen auf die Gestaltung des Englischen wird also wohl nicht abzuweisen sein; schwer ist es aber, auch nur mit einiger Genauigkeit zu bestimmen, wie weit sich dieser Einfluss erstreckte. Am Nachweisbarsten ist er noch in der Laut- und Formenlehre und hier anzunehmen :

1) In der Einführung der allen deutschen Sprachen fremden Zischlaute tsch und dsch (ch und g). In den halbsächsischen Quellen vertritt bereits ch öfter das Ags. c, z. B. chirche, schulde, chestre, riche, liche, Nichole, taechen (teach), ich u. s. w., doch ist hier schwerlich an den spätern englischen Laut des ch zu den

ken, vielmehr nur ein Unterschied in der Schreibart anzunehmen, wie auch im Ags, häufig ch für k geschrieben wird. Neben den obigen Formen kommen überdiess auch noch sculde, lice, ic u. s. w. vor. In den ältern altenglischen Quellen finden wir ebenfalls noch manche Wörter mit ch geschrieben, die im heutigen Englisch und in andern altenglischen Quellen k haben, daher sich vermuthen lässt, dass auch damals die Schreibart ch noch nicht immer auf die Aussprache tsch schliessen lasse, z. B. worche P. S. 149. seche (seek) 152 thenche 195 neben thenke Sp. 24. u. a., obwohl ch in den meisten Fällen damals gewiss schon als Zischlaut tsch gesprochen wurde. Der Uebergang des h in ch ist übrigens, wie in der Lautlehre gezeigt werden wird, durchaus nicht vollständig durchgedrungen; das g hat den Zischlaut nur in sehr wenigen Wörtern, z. B. singe sengen, angenommen. Statt des Ags. cg in brycg, mycg, secgan findet sich in den altenglischen und den ältern mittelenglischen Quellen stets gg geschrieben; erst später, im 15. Jahrh., tritt die Schreibung dge ein und wahrscheinlich auch der Zischlaut nicht viel früher.

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Schwieriger ist die Frage, ob die Verwandlung des sc in sh die ebenfalls nur unvollständig durchgedrungen ist, französischem Einflusse zuzuschreiben ist. Im Deutschen hat sich sk ohne französischen Einfluss auch in sch verändert, im Holländischen ist anlautend sk zu sch mit gesondert gesprochenem Kehllaut ch geworden, inlautend und auslautend dagegen ist das sch fast nur noch als s hörbar. Es könnte also hier eben so gut ein naturgemässer Uebergang stattgefunden haben.

2) Unverkennbar ist dagegen der französische Einfluss in dem Aufgeben des für Franzosen nicht leicht auszusprechenden Kehllautes ch, Ags. h. Das Altenglische behält meistens noch die Schreibung h, das Mittelenglische führt die Schreibung gh ein. Von dieser Zeit an scheint der Laut tonlos geworden zu sein. Das Schottische hat den Kehllaut bis auf den heutigen Tag bewahrt, wahrscheinlich, weil der französische Einfluss ein weniger allgemeiner war, vielleicht auch, weil die Nachbarschaft der Gaelen mit ihrer an Kehllauten reichen Sprache einwirkte.

3) Der Laut ju kommt meistens nur in französischen Wörtern (u), mit der Schreibung ew aber auch in deutschen Wörtern vor. In französischen Wörtern entspricht er französischem u, einem im Englischen unbekannten Laute, in deutschen Wörtern meist Ags. eóv, das bereits im Ags. wie jóv gelautet haben mag. Als das v

stumm wurde, lag der Uebergang in jù nahe und konnte wobl auch ohne französischen Einfluss Statt finden.

4) Die vokalische Auflösung oder auch der Ausfall des 7 namentlich nach a und vor k und ƒ z. B. walk, stalk, half, calf, die im Englischen nur in der Aussprache, nicht in der Schrift erfolgten, sind, obwohl sie nicht nothwendig französischem Einflusse zuzuschreiben sind, doch wahrscheinlich unter demselben entstanden. Das Schottische ist in dieser Auflösung und diesem Abwurfe des viel weiter gegangen: caw=call, faw=fall, row=roll, know ags. cnol, howe ags. hol, fou (sprich fù) E. ful, full, gowd=gold u. s. w.; französischer Einfluss hat indessen in Schottland, wenn er auch später eingetreten ist, doch kaum minder stark gewirkt, als in England. Von den deutschen Sprachen haben ausserdem nur noch das Mittelniederländische und Neuniederländische die Auflösung des nach a und o. Beispiele s. Grimm Gr. 3. Aufl. 1. 300 f. Das Niederländische aber hat ebenfalls stark den französischen Einfluss erfahren.

Die Erweichung des g in- und auslautend zum Vokale z. B. day ags. däg, hail ags. hägel, fair ags. fäger, fowl ags. fugol, sow ags. sûgu, draw ags. dragan u. s. w. ist nicht aus französischem Einflusse zu erklären, obwohl das lat. g im Franz. dieselbe Erweichung erfährt z. B. frail aus fragilis. Die Auflösung des g ist im Altfriesischen, Mittelhochdeutschen, Niederländischen und Dänischen gäng uud gebe,

5) Das Stummwerden des auslautenden e und das dadurch entstehende Vorherrschen der einsilbigen Wörter im Englischen ist sicher durch Einwirkung des Französischen entstanden. In den französischen Dichtungen des 12. und 13. Jahrhunderts finden wir bereits überall stummes e im Gegensatze zu dem betonten, Die grosse Masse aus dem Französischen entnommener einsilbiger Wörter trug sicher dazu bei, sobald die Verschmelzung zwischen französischen und deutschen Wörtern vollendet war, auch die englischen Wörter einsilbig zu machen. Bei Chaucer ist das auslautende e in deutschen Wörtern bereits meistens stumm z. B.

Ther was here whéte and eék here mált igroúnde,
Instéde of méle yet wól I géve hem brén u. dgl, m.

Das e der Vergangenheit schwacher Konjugation lautet bei ihm noch stets, auch sonst finden sich Beispiele, wo das e noch eine besondere Silbe bildet z. B.

Fiedler wiss. engl. Gramm.

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