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Germanische Sprachen.

S. 4.

1. Gothisch - niederdeutscher Zweig.

Die englische Sprache gehört den germanischen Sprachen an. Die germanischen Sprachen zerfallen, wie schon gesagt, in drei Hauptzweige, den gothisch- niederdeutschen, den hochdeutschen und den skandinavischen Zweig. Der gothisch - niederdeutsche nud der skandinavische Zweig stehen hinsichtlich der Lautverschiebung, welche das Niederdeutsche vom Hochdeutschen trennt, auf derselben Stufe, können aber schon wegen der grossen Verschiedenheit der Biegungsformen nicht als ein Zweig betrachtet werden. Die beiden ältesten Sprachen des niederdeutschen und hochdeutschen Zweiges, das Gothische und Althochdeutsche unterscheiden sich durch eine viel folgerichtigere Lautverschiebung als die heutigen hoch und niederdeutschen Sprachen. Wir lassen jetzt eine kurze Uebersicht der sämmtlichen deutschen abgestorbenen und lebenden Sprachen folgen:

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Der gethisch-niederdeutsche Sprachzweig. Zu diesem gehört vor Allem das Gothische, die älteste deutsche Sprache, von der wir Schriftdenkmäler besitzen. Sie wird gewöhnlich als ein besonderer Zweig der germanischen Sprachen angesehen, ist aber nur eine niederdeutsche Sprache, die jedoch in einer viel ältern Gestalt auf uns gekommen ist, als irgend eine andere, daher sie für die deutsche Sprachforschung von unberechenbarer Wichtigkeit ist. Ohne das Gothische, sagt Grimm, hätte es in der deutschen Sprachforschung nur gedämmert, nie getagt. Drei andere niederdeutsche Sprachen treten uns 4 bis 5 Jahrhunderte später in Schriftdenkmälern entgegen das Altsächsische, im weitern Sinne die Sprache der in Holstein und dem nördlichen Deutschland westlich von der Elbe bis zur Weser wohnenden Sachsen, im engern aber die eines Theiles der Sachsen, der nach dem Rheine zog und sich in der Gegend von Münster und Cleve niederliess; das Angelsächsische, die Sprache der nach England hinübergezogenen sächsischen oder niederdeutschen Stämme, und das Altfriesische, die Sprache der auf Deutschlands Nordküste westlich von der Weser und auf den Inseln an Deutschlands, Nord- und Dänemarks Westküste wohnenden Friesen. Alle drei Sprachen stehen weit hinter dem Gothischen zurück, stehen sich aber unter einander

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sehr nahe, doch so, dass das Ags. die Mitte zwischen dem Altsächsischen und Altfriesischen bildet, welches Letztere in einzelnen Punkten den Uebergang zu dem Altnordischen bildet. Die folgende Vergleichung wird das Verhältniss der drei Sprachen zu einander und zum Gothischen einigermassen verdeutlichen.

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Es genügt diess um das ungefähre Verhältniss dieser drei niederdeutschen Sprachen zum Gothischen und zu einander zu zeigen. Jede derselben hat ihre Fortsetzungen bis auf den heutigen Tag, wenn auch diese Fortsetzungen nicht immer Schriftsprachen sind. Das Sächsische spaltet sich in späterer Zeit in zwei Haupttheile, das Mittelniederdeutsche und das Mittelniederländische, welches Letztere, durch staatliche Absonderung zur Selbständigkeit und zur schriftmässigen Ausbildung gelangt, seit dem 13. Jahrhundert ein ziemlich reiches Schriftenthum entwickelt, das sich im Neuniederländischen fortsetzt. Das Neuniederdeutsche dagegen hat aufgehört, Schriftsprache zu sein. Ebenso hat das Friesische, seitdem die Friesen unter holländische, deutsche und dänische Herrschaft gekommen sind, seine schriftmässige Ausbildung verloren. Das Angelsächsische dagegen hat sich im Englischen weiter entwickelt, trotz seiner Mischung mit dem Französischen als vorzugsweise deutsche Sprache, aber nicht ohne namentlich in seinem Formenreichthum die grössten Verluste zu erleiden.

S. 5.

2) Hochdeutscher Zweig.

Aus einer Verschmelzung verschiedener oberdeutschen Mundarten, der allemannischen oder schwäbischen, der bairisch - östreichischen und der fränkischen (sowohl der ostfränkischen als rheinfränkischen) ging allmälig das durch Lautverschiebung von den niederdeutschen Sprachen gesonderte Althochdeutsche hervor, das seit dem 8. Jahr hundert einige schriftmässige Ausbildung genoss. Es zeichnet sich vor sämmtlichen Niederdeutschen Sprachen durch Reichthum und Reinheit der Vokale und durch Wohlklang und Kraft aus. Sein Verhältniss zum Gothischen und Angelsächsischen in Bezug auf die Biegungsformen mögen einige Beispiele verdeutlichen.

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