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Vernunftgründen, in welche sie aufgelöst werden, verhalten wi die Farben zu den Winkeln, unter welchen sich die Lichtstrahlen brechen; dem Scheine nach von einer ganz andern Natur, aber im Grunde eben dasselbe. Der musikalische Dreiklang ist, wie bekannt, im Grunde nichts andres, als eine sinnliche Wahrnehmung gewisser Verhältnisse. Aber was wir bei Anhörung des Dreiklangs empfinden, ist weit von der Betrachtung einiger Verhältnisse unterschieden; denn hier hat sich die Empfindung durch alle Nerven vervielfältigt und ist zur Erscheinung geworden. So erregt eine regelmäßige Bildsåule ganz andere Empfindungen, als die Verhältnisse, aus welchen sie zusammengesett ist; und selbst die moralischen Tugenden empfinden wir anders, als wir sie mit der Vernunft begreifen.

Wer von der Natur keinen Geschmack empfangen, wird die Regeln des Schönen begreifen wie Sanderson Newton's Theorie der Farben, als Vernunftgründe, nicht als Phänomena. Aber so wie sich die Nachurtheile der Seele durch lange, wieders holte Übungen in die Empfindungen mischen und die sinnlichen Urtheile verbessern, eben so können die Regeln des Schönen den Geschmack reinigen, verbessern.

Unsere Urtheile von den Größen, Entfernungen, Figuren und Bewegungen der körperlichen Dinge sind ebensowohl, als unfer Begriff von der Schönheit und Ordnung, von den sinnlichen Eindrücken unterschieden, stehen ebensowenig unter der Freiheit, und kommen aller Beziehung und Gewohnheit zuvor. Deswegen aber nehmen wir keinen besondern Sinn an, vermittelst dessen wir die Entfernung u. s. w. wahrnehmen

Wie die äußerlichen Sinne, sind sie der Freiheit nur mittelbar unterworfen, indem wir durch übung, Gewohnheit und Erziehung unsern Geschmack sowohl, als unsre moralische Empfindung verändern können.

Die Wahrheit streitet sehr oft mit dem bon-sens; und in diesem Falle kann sie nur durch die Vernunft erreicht werden; z. B. die Gestalt der Erde, ihre Bewegung, die Entfernung der Firsterne, die unendliche Theilbarkeit der Materie. Eben also streitet sehr oft die sittliche Empfindung mit der Pflicht.

Anmerkungen über Bayle's,,Pensées diverses les Comètes."

§. 13. 14.

Unrichtige Begriffe von der Schwere. Die Cartesianer sollen einem jeden Körper eine Kraft zueignen, sich vom Mittelpunkte zu entfernen.

§. 15.

Rem. Man ist auf sehr viel Irrthümer verfallen, indem man gewisse abgesonderte Begriffe für Wesen gehalten, die für sich bestehen können; z. B. den mathematischen Körper, das Chaos, die mitgetheilten Eigenschaften der Peripatetiker u. s. w.

§. 18.

qui louoit la belle Daphné d'avoir réfuté la superstition des oracles d'Apollon, en faisant échouer les entreprises amoureuses de ce Dieu, qui se vantoit tant de savoir l'avenir.

6. 19.

Rem. Wie kommen die Chinesen zu unsern Himmelszeichen, um sie in ihrer Astrologie adoptirt zu haben?

§. 31.

C'est une superstition la plus basse et la plus grossière du monde, que de prétendre, que parceque St. Clair s'appelle St. Clair, Dieu lui ait accordé la vertu de guérir le mal des yeux plutôt qu'à un autre etc. Vielleicht hat dieses Niemand geglaubt. Man kann sich vielmehr beredet haben, Gott habe es gefügt, daß dieser Herr St. Clair genannt werden soll, um den Menschen die Tugend anzuzeigen, die er ihm beigelegt. §. 34.

Les raisons de Palingenius (in Capricor.) à l'avantage de la guerre.

§. 59.

Dieser Schluß hångt nicht zusammen. Die Cometen können die Wirkungen der causarum secundarum, und zugleich zu

Beichen bestimmt seyn, wenn man bedenkt, daß Gott das ganze System seiner Absichten durch wirkende Ursachen hat ins Werk gerichtet, und also auch die Erscheinung dieser Zeichen mit seinen Absichten verbunden haben kann.

§. 115.

L'imperfection est aussi contraire pour le moins à la nature de Dieu, que le non -être. C'est là la première de Mr. Bayle, que l'athéisme n'est pas un plus grand mal, que l'idolâtrie.

Die Schwierigkeit hierbei ist nur, daß man die Gränzen nicht weiß, wie weit sich dieses erstrecke. Die mindeste Unvollkommenheit ist der Natur Gottes so sehr zuwider, als das Nichtseyn; und also wird derjenige z. B., der da glaubt, Gott existire in der Zeit und in dem Raum, eben so schlimm daran seyn, als ein Atheist. Was für ein Unglück, wenn sich dieses also verhielte!

Jedoch die Gründe des Plutarch sind nicht die bündigsten. J'aimerois bien mieux, fagt er, que tous les hommes du monde disent, que Plutarque n'a jamais été, que s'ils disoient: Plutarque est un homme inconstant, léger etc. Dieses läßt sich vom Plutarch gedenken, der um seinetwillen ges kannt seyn will. Gott aber will von uns unserer Glückseligkeit halber gekannt seyn. So lange also die Erkenntniß, die wir von Gott haben, mehr Vergnügen an seinen Vollkommenheiten, als Furcht und Abscheu vor den ihm zugeschriebenen Unvollkommenheiten gewährt; so lange wie noch, im Ganzen betrachtet, mehr Bewegungsgründe zu guten als zu bösen Handlungen aus der übel zusammenhangenden Idee, die wir uns von Gott machen, hervorgehen; so lange ist die Abgötterei noch immer der Atheisterei vorzuziehen. Man sese niemals den Endzweck, warum Gott verlangt, daß sein Name auf Erden verherrlicht werde, aus den Augen. Dieser ist: 1) damit wir uns an der anschauenden Erkenntniß des allervollkommensten Wesens vergnügen, und 2) daraus Bewegungsgründe zu unsern Handlungen hernehmen mögen. -Eine jede Erkenntniß also, welche diese beiden Absichten mehr befördert, als verhindert, ist löblich.

§. 118.

IV. Preuve. La connoissance de Dieu ne sert à un idolâtre, qu'à rendre ses crimes plus atroces. C'est un

plus grand crime, heißt es in der Folge, à un idolâtre de faire de faux sermens, de piller les temples etc. qu'il ne l'est à un athée de faire les mêmes choses. Donc la condition des idolâtres est plus pire, que celle des athées, etc. Will Bayle hieraus folgern, daß es besser sei, keinen Gott zu glauben, als, sich falsche Begriffe von demselben zu machen; so ist nichts unbestimmter, als sein Schluß. Denn entschuldigt die Unwissenheit den Atheisten, wenn er wider Gott sündigt, so entschuldigt sie den Idolater nicht weniger, wenn er solche Sünden begeht, die vermöge seines Systems keine Sünden sind. (Die Unwissenheit muß in beiden Fällen unüberwindlich gewesen seyn, sonst entschuldigt sie gar nicht.) Handelt aber der Idolater wider sein irriges System, begeht er solche Sünden, welche selbst nach seinen falschen Begriffen von Gott für Sünde erkannt werden müssen; so ist er freilich strafbarer, als der Atheist, der eben dasselbe thut; aber aus keiner andern Ursache, als weil feine Condition besser ist, weil er selbst aus seinen Irrthümern hätte Bewegungsgründe hernehmen können, diese lasterhaften Handlungen zu unterlassen. Der Idolater ist also besser daram, als der Atheist.

§. 119.

V. Preuve. L'idolâtrie rend les hommes plus difficiles à convertir, que l'athéisme.

Bayle substituirt hier plößlich einen Menschen, der von Gott gar keinen Begriff hat, statt eines Gottesläugners. Jener ist leicht zu bekehren; aber auch eben so leicht zur Abgötterei, als zum wahren Glauben. Er zieht einen jeden Begriff von einem höhern Wesen seiner Unwissenheit vor. Ja vielleicht finden die finnlichen Begriffe der Abgötterei leichter Eingang bei ihm, als die abgezogenen Begriffe des wahren Glaubens. Hieraus ist zu beweisen, daß die Atheisterei der menschlichen Natur mehr zuwider sei, als die Abgötterei; und also das Gegentheil dessen, was Bayle daraus folgern zu können glaubt.

§. 162.

Es ist weit schwerer, eine Kleinigkeit, zu welcher wir von Natur geneigt sind, zeitlebens zu unterlassen, als auf einen Augenblick etwas thun, das noch sehr mit unserer Neigung streitet. Wenn also der Begriff von Ehre und Ansehen gleich die

Mannspersonen dazu bringt, daß sie den größten Gefahren und dem Tode selbst trogen, so folgt noch daraus nicht zum Nachtheil des Frauenzimmers, daß sie sich auch durch die Ehre würden zur Keuschheit bewegen lassen.

§. 167.

L'homme a plus d'amour pour la joie, que de haine pour la douleur, et il est plus sensible au bien, qu'au mal. On ne fait pas difficulté d'aller au chagrin et à la douleur, pourvu qu'on passe par la joie; ni de passer par la douleur et par le chagrin, pourvu qu'on aille au plaisir. Die Erempel des ersten Falles sind gemein. Von dem zweiten Falle führt Hr. Bayle ein einziges Exempel an. Il y a des Corses (Athen. anc. et nouv. p. 47.), qui après une offense reçue se sont tenus cachés quinze jours entiers dans les broussailles, pour attendre leur ennemi, trop satisfaits, d'y brouter quelques racines; pourvu qu'ils eussent la joie de voir réussir l'embuscade.

§. 181.

Bayle ist ebenfalls der Meinung, Spinosa habe seine Wirthinn gebeten, keinen Priester zu ihm zu lassen vor seinem Tode; welcher Erdichtung aber kein Glaube beizumessen ist. (Siehe Colerus Leben Spinosa's.)

Gedanken von der Vergleichung zwischen der Abgötterei und dem Atheismo.

Bayle scheint anzunehmen, die Religion sei entweder die einzige Triebfeder der menschlichen Handlungen, oder sie habe in dieselben gar keinen Einfluß. Da er nun beweist, daß das Erstere nicht seyn könne, so glaubt er das Lettere hinlänglich dargethan zu haben. Nun ist es zwar an dem, daß wir nicht allezeit nach Grundsägen handeln; daß die Gewohnheit, die Erziehung, das Temperament u. f. w. mehr Einfluß in das Thun und Laffen der Menschen haben, als ihre Grundsäge. Wie aber? helfen unsere Grundsäße nicht das Temperament bilden, die Gewohn heiten erlangen, und die Erziehung auf eine bestimmte Seite lenken?

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