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,,Reiche der Erden empor hob, die mit ihrem Scepter den Mee,,ren befohlen, die den Orient und Occident nach ihrem Willen ,,gebogen, die die Belohnerinn aller Künste, die Beschüßerinn ,,aller Wissenschaften geworden, welche ihre lachende griechische „Gestalt in derselben ernsthaften Schooße mit der römischen ,,Majestát verwechselt hatten? Was ist in den kleinsten Republi,,ken das Wort Vaterland? Noch ist es nicht veraltet, ,,hält Liebe, es hält Hochachtung, es hålt Dankbarkeit, es hålt ,,Entzückung in sich"; und an einem andern Orte: „Kein inner,,licher Trieb des Menschen kann nach der Aussage der wenigen ,,großen Seelen, die von dieser rührenden Empfindung durch,,drungen sind, der Liebe zum Vaterlande verglichen werden; ,,weder Montagne, da er seine Versuche schrieb, weder Descartes, ,,da er neue Welten aufführte, weder Burnet, da er den Bau ,,der Erde bestimmte, noch Newton, da er die wahren Gefeße ,,der Natur so wohl durch Erfahrungen, als durch die Kraft „seiner Meßkunst entdeckte, fühlten, nach_dem_erhabenen Aus,,drucke des Mylord Bolingbroke, eine größere Freude, als der,,jenige fühlt, der ein wahrer Patriot ist, der alle Kräfte seines „Verstandes, seine Gedanken, seine Thaten alle dem Vortheile ,,des Vaterlandes aufopfert. Diese Regung bemächtigt sich mit ,,einer unwiderstehlichen Kraft des ganzen Menschen, sie unter,,drückt alle andere Leidenschaften, sie hebt unsere Augen von der ,,sanften Aussicht in die Thäler der Ruhe weg, sie reißt uns ,,durch die gedrungenen Schaaren, durch gezückte Schwerdter ,,und feurige Wetter, und welches noch mehr ist, durch den ,,dunkeln Hinterhalt der Feindschaft, der Rache, der Mißgunst ,,und des Neides unserer eigenen Mitbürger hindurch, und be,,reitet uns die Triumphe, die nur das Herz des Patrioten „fühlt“. Wir wissen nicht, mit welchem Rechte man den Patrioten, in der weitläuftigsten Bedeutung genommen, deren dieses Wort fähig ist, dem Lehrer der Weisheit vorziehen will. Sie sind beide Wohlthäter der Menschen, sie opfern beide ihre Gedanken, ihre Ruhe und Bequemlichkeit dem Besten des menschlichen Geschlechts auf; aber die Wohlthaten des Patrioten sind in dem kleinen Bezirk seiner Mitbürger eingeschränkt, und stürzen vielleicht einen großen Theil der übrigen Menschen in den Unters gang; der Weise aber erhebt seine Absichten zu dem Besten des gesammten menschlichen Geschlechts, und schließt Niemanden von der Zahl derjenigen aus, die er glücklich zu machen wünscht.

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e Bemühungen des Patrioten betreffen nur zeitliche Vortheile, doch endlich der Veränderung und dem Wechsel der Zeiten terworfen sind; der Weise hingegen verschafft ewige, unveringliche Vortheile, die den spätesten Enkeln noch nüßen, die die etung der Seele zur Absicht haben, und öfters in die ganze igkeit des Menschen einen nicht geringen Einfluß haben. Jees ist hier der Ort nicht, sich hierüber weitläuftiger einzulasBeim Schlusse des Werks erinnert der Hr. Verf. selbst, weite Theil seiner Abhandlung gefalle ihm besser, als der Earl der andere", fügt er hinzu,,,warf dem berühmten hter Waller vor, er habe in seinen Versen den Cromwell eit beffer gelobt,, als ihn; ja, gab dieser zur Antwort: Wir hter kommen besser in der Erfindung, als mit der Wahr

zurechte". Die Zusäße, welche dem Werke angehängt sem, enthalten einige nåhere Nachrichten und Betrachtun en aber die asiatischen Völker, nachdem der Verf. in währensem Drucke der Abhandlung aus andern Absichten sich mit ihen näher bekannt zu machen gesucht hat. Wir haben unserm Zuge einige Gedanken daraus an den Stellen, die ihnen bor Verf. angewiesen, einverleibt.

Der Tod Abels in fünf Gesängen von Geßnern. Zürich bey Geßnern 1758. 226 . in klein 8°.

aus der Bibl. der schönen Wiss. und der fr. K. Bd. 4. Stück 2. 1759. . 706–745.)

,,Ich habe mich an einen höhern Gegenstand gewagt", sagt de Dichter in der Vorrede,,,um zu wissen, ob meine FähigEciten höher hinaus reichen, als ich sie bisher versucht hatte. Eine Neugierde, die jedermann haben sollte. Man macht oft einen Dichter furchtsam, der in einer gewissen Dichtart glücklich gewesen ist, und will ihn in diese Sphäre einzäunen, als wena er da die ganze Bestimmung und die ganze Stärke seiIV, I.

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,,nes Genies gefunden håtte; wenn er oft mehr durch äußere ,,Umstände, und vielleicht mehr von ungefähr, als durch beson,,dern Trieb desselben, auf diese Bahn ist geführt worden“. Dieser Gedanke ist sinnreich, aber auch vielleicht nichts mehr als sinnreich. Es giebt Proben, die ein Genie mit sich selbst an= stellen kann, ohne daß es nöthig hat, das eigensinnige Publikum zu Rathe zu ziehen. Will man der Selbsterkenntniß nicht trauen, so wähle man Freunde, auf deren Einsicht man sich ficherer verlassen kann, als auf den zweifelhaften Ausspruch des unschlüssigen Richters, den man das Publikum nennt. 3war wenn dieses Vorurtheil keine schlechteren Gedichte zur Welt bringt, als den Tod Abels", so mag es immer eine Wahrheit seyn !

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In der Folge begegnet der Verf. dem Einwurfe, den man wider die biblischen Gedichte hat machen wollen, und befchließt die Vorrede mit einer artigen Satyre. Noch giebts eine gewisse ,,Gattung Leute", heißt es,,,die zu gut zu leben wissen, als ,,daß ihnen Helden gefallen sollten, die von nichts als Religion ,,reden, so ernsthaft sind, und so wenig feinen Wig haben. ,,Diesen muß ich im Vertrauen sagen, daß mir, als einem jun,,gen Herrn, der auch zu leben wissen will, an ihrem Beyfall ,,gar zu viel gelegen ist, und daß ich, um sie gut zu behal,,ten, das gleiche Sujet auch für sie zurichten will. Ich will ,,dann trachten eine Liebesintrigue (und was ist ein episches Ge ,,dichte ohne das? Alles, was feinen Geschmack hat, muß es ,,verlachen), das werd' ich darinn anbringen, Abel wird dann ,,ein zärtlicher junger Herr seyn, und Kain wie ein französischer „Hauptmann, und Adam soll nichts reden, das nicht ein be ,,tagter Franzose, der die Welt kennt, sagen könnte".

Diefe

Satyre wird auch uns treffen, denn wir werden in unserer Beurtheilung dieses Gedichts auch eine Liebesintrigue vorschlagen, die der Dichter håtte in seinem Plane anbringen sollen; aber keine französische, unsere ist orientalischen Ursprungs.

Wir wollen unsern Lesern einen etwas weitläuftigen Auszug aus dem Gedichte vorlegen, und unsere Beurtheilung am Ende hinzufügen. Solche Werke zu beurtheilen, ist eine angenehme Beschäftigung; man hålt sich gern bei einer Arbeit auf die Vergnügen macht.

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Erster Gesang.

Ein erhabnes Lied möcht' ich ißt singen, die Haushaltung ,,der Erstgeschaffenen nach dem traurigen Fall, und den ersten, ,,der seinen Staub der Erde wieder gab, der durch die Wuth feines Bruders fiel. Ruhe du ist, sanfte ländliche Flöte, auf ,,der ich sonst die gefällige Einfalt und die Sitten des Land,,manns sang *)". Hier folgt eine Anrufung an die Muse oder die Begeisterung, wie der Dichter diese profane Gottheit erklärt. Sie nimmt zwei ganze Seiten ein; und so schön sie auch ist, so scheint sie hier an diesem Orte wegen ihrer großen Ausdehnung nicht die beste Wirkung zu thun. Endlich fångt sich das Gedicht an: Die stillen Stunden führten den rosenfarbnen Morgen herauf, und gossen den Thau auf die schat,,tichte Erde da giengen Abel und seine geliebte Thirza aus ihrer Hütte hervor, in die nahe geruchreiche Laube von Jasmi,,nen und Rosen“. Die Beschreibung dieses Paars ist überaus malerisch: Bårtliche Lieb' und reine Tugend gossen sanftes „Lächeln in die blauen Augen der Thirza, und reizende Anmuth „auf ihre rosenfarbne Wangen, und weiße Locken flossen am ju,,gendlichen Busen und ihre Schultern herunter, und umschweb,,ten ihre schlanke Hüften; so gieng fie dem Abel zur Seite. Braune Locken kraußten schatticht sich um die hohe Stirne des ,,Jünglings, und zerfloffen auf seinen Schultern; denkender ,,Ernst mischte sanft sich in das Lächeln der Augen; in schlan= ,,ker Schönheit gieng er daher". Thirza bittet den Abel, ihr den neuen Lobgesang zu singen, den er gestern auf der Flur gedichtet hat; und Abel besingt das Lob des Schöpfers und die Entstehung des Weltgebäudes, der Wahrheit weit anständiger, als Silen beim Virgil auf Verlangen der schönsten der Najaden gesungen. „Weiche, du Schlaf, von den Augen“, stimmt

*) Vielleicht würde der Dichter besser gethan haben, wenn er dem Virgil auch in der Ordnung der Gedanken nachgeahmt hätte:,,Ruhe du ist, sanfte Flöte", u. s. w. ,,Ein erhabnes Lied möcht' ich ißt fingen"; so wie jener: Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena, e. c. arma virumque cano; damit die Ankündigung nicht von der Anrufung durch einen so fremden Gedanken getrennt werde.

er an,,,entweichet, ihr flatternden Träume! die Vernunft geht ,,wieder hervor, und erhellet die Seele, wie die Morgensonne ,,die Gegend erhellet. Sey uns gegrüßt, du liebliche Sonne, ,,hinter den Eedern herauf! Du gießest Farb' und Anmuth ,,durch die Natur, und jede Schönheit lachet verjüngt uns wie ,,der entgegen". Der ganze Gesang ist, seiner Länge ungeachtet, überaus angenehm; und es würde ihm auch an Erhabenheit nicht fehlen, wenn nicht die starken Züge durch das sanfte Colorit, das Hrn. Geßner eigen ist, öfters gemildert worden waren; z. B. der starke Lów' entwickelte sich, halb Kloß ,,noch und halb Löwe versucht er's die ersten Tône zu brüllen; ,,dort bebt ein Hügel, und ist gieng er belebt als Elephant ,,daher". Man vergleiche dieses mit dem männlichen Colorite des Hrn. von Haller :

Du hast den Elephant aus Erden aufgethürmt,

Und seinen Knochenberg beseelt.

Thirza dankt ihrem Geliebten mit Freudenthrånen für die Entzückung, in welche sie sein Gesang gesezt hat. Adam und Eva hatten vor der Laube den Morgengesang gehört, traten hinein und umarmten ihre Kinder. „Auch Mehala, Kains Ver,,måhlte, war in die Laube getreten, der Kummer über Kains ,,ungestümes und rohes Gemüthe hatt' Ernst auf ihre Stirne ,,und fanfte Wehmuth in ihre schwarze Augen gegossen, und Blåße auf die Wangen von dunkeln Locken umflossen". Diese Beschreibung sticht vortrefflich mit dem Gemålde der Thirza ab. ,,Sie hatte am Geländer der Laube geweint; aber sie hatte die ,,Thränen von den Wangen getrocknet, trat lächelnd in die ,,Laube, und grüßte mit zärtlicher Freundschaft den Bruder und ,,die Schwester". Kain hörte im Vorübergehen den Gesang und sahe, wie sie alle Abel umarmten, worüber er eifersüchtig wird. Er beklagt sich über die rohe Arbeit, die ihm zu Theil worden: ,,Mir bleibt weder Zeit noch Muth_zum Singen. Wenn ich ,,des Tages Last ausgestanden habe, dann fordern meine Glie ,,der Ruhe, und am Morgen wartet die Arbeit schon wieder ,,auf meinem Felde. Den sanften müßigen Jüngling (er stürbe, ,,trug' er einmal meine Tageslast) verfolgen sie immer mit Freu ,,denthrånen und zärtlichen Umarmungen. Ich hasse die weibi„sche Zärtlichkeit". Die in der Laube waren, betrübten sich sehr über diese unfreundlichen Reden des Kain, die sie gehört hatten,

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