Page images
PDF
EPUB

Stosch sagt: es sind auf einem adligen Gute einige Verbesserungen zu machen; der Edelmann schreibt an seinen Pächter, er folle nur alles in guten Stand sehen lassen und das Geld dazu vorschießen, welches er hernach von seiner Pacht wieder abrechnen kann.

Hier sagt M. M.: hier ist vorschießen richtig, weil es der Pächter hernach abrechnen wird.

Stosch sagt: z. E. wenn ich binnen vier Wochen eine Summe Geldes zu heben hätte, selbiges aber jezt gleich gebrauche, so könnte ein guter Freund mir solche vorschießen.

Hier sagt M. M.: der Schuldner selbst würde mir das Geld vorschießen, ein anderer Freund aber vorstrecken.

Stosch sagt: oder ich empfehle meinen Sohn, welcher gegen= wårtig auf Reisen ist, einem guten Freunde, und bitte ihn, im Falle derselbe Geldes benöthigt seyn sollte, ihm solches vorzuschießen.

Hier sagt M. M.: hier würde ich vorstrecken sagen.

Da von vorstrecken kein n. s. gebräuchlich ist, so wird das n. s. Vorschuß in allen Fällen gebraucht; auch alsdann, wenn es keine künftige Schuld betrifft. In Vorschuß stehen; einen Vorschuß bewilligen, welches ein Darlehn ohne Zinsen andeutet. Beim Auslegen wird das Geld einem Dritten bezahlt, welches aber beim Vorschießen und Vorstrecken nicht nöthig ist.

schmeicheln, lieb kosen. Wir schmeicheln einer Person, wenn wir ihr einen größern Werth beilegen, als sie wirklich hat, um sie dadurch zu gewinnen. Wir liebkosen, wenn wir durch Reden, Geberden und Handlungen unsere Liebe zu erkennen geben.

Glied, Gliedmaß. Stosch sagt: diese Wörter bedeuten in dem eigentlichen Verstande einen solchen Theil des Leibes, welcher durch ein Gelenk mit einem andern zusammengefügt.

Hier sagt M. M.: das Gelenk ist unnöthig. Die Nase ist auch ein Glied. Ein jeder Theil des menschlichen Körpers, der sich von dem andern sinnlich unterscheidet, heißt ein Glied. Insoweit dieser Theil eine eigene Function hat, heißt er Gliedmaß. Die Gliedmaßen der Sinne; membrum, organum.

Stofch sagt: wir brauchen diese Worte nur von den åuBern Theilen des Leibes. Die innerlichen wird man nicht innerliche Glieder, sondern Theile nennen.

Hier sagt M. M.: weil sie nicht als besondere Theile in die Sinne fallen.

Stosch sagt: man sagt: ein Glied am Finger, aber nicht ein Gliedmaß am Finger.

Hier sagt M. M: weil der Theil eines Fingers keine ihm eigene Verrichtung hat.

Stofch: Glied im uneigentlichen Verstande: für einen Theil einer Gesellschaft oder Gemeinde.

M. M.: vermuthlich aus der Erdichtung, nach welcher man eine jede Gesellschaft als eine Person betrachtet.

såumen, zaudern. Wer ein Geschäft nicht sogleich vornimmt, der såumt. Wer in Verrichtung desselben langsam ist, der zaudert.

schief, schräge, zwerch. Schief fällt eine Linie auf die andere, wenn sie mit ihr Winkel macht, die sich einander nicht gleich sind. Die Enden dieser Linie liegen sich einander fchräge gegen über. Was aber nicht gerade ist, nennt man krumm (f. krumm, gebogen). Wenn die Linie die andere durchschneidet, so sind die Winkel rechte oder schiefe. In dem vorstehenden Falle geht sie in die Quere, in dem andern aber z werch.

Stosch sagt: uneigentlich sagt man: es steht schief mit dieser Sache.

M. M. sagt: sehr eigentlich: sie nahet sich dem Falle und ist nicht mehr aufzuhalten.

Stosch sagt: man sagt nicht: eine Zwarchflöte, sondern: eine Querflöte; nicht: zwarch über das Feld reiten, sondern: quer über das Feld reiten.

M. M. sagt: dieser anscheinende Eigensinn der Sprache läßt sich nach obiger Erklärung rechtfertigen.

abåndern, verändern. Eine Sache, die andere Bestimmungen erhält, wird geändert, und wenn dieses die wesentliche Bestimmung betrifft, verändert. Die Veränderung der Zufälligkeiten ist eine Abänderung der Sache; 3. E.:

Cajus hat seinen Plan verändert, da er ihn doch nur nach den Umständen håtte abändern dürfen.

Ordnung, Unterordnung. Die Glieder einer einfachen Ordnung sind nach einer einzigen Regel geordnet. Die Glieder einer zusammengeseßten Ordnung sind einfache Ordnungen, die dem Ganzen untergeordnet sind.

Ordnung und Anordnung wie Zahl und Anzahl.

schonen, verschonen. Einem Dinge das Widrige nicht zukommen lassen, das ihm zugedacht war, heißt verschonen; nicht in dem Grade zukommen lassen, schonen.

reden, sagen, sprechen. Wer seine Gedanken durch Worte zu verstehen giebt, der redet. Insoweit diese Gedanken von einer bestimmten Beschaffenheit sind, sagt man dieses oder jenes. Insoweit man aber auf eine bestimmte Weise sich ausdrückt, so spricht man. 3. E. Er redete von der Freundschaft, und sagte, daß sie das höchste Gut zu nennen sei. Denn", sprach er,,,ohne diese Tugend" u. f. w. Ich sprach zu ihm: rede mit mir, wie du denkst; sage die Wahrheit, und sprich, wie es dir um's Herz ist.

[ocr errors]

Mit Jemanden reden, mit Jemanden sprechen, Jemanden sprechen.

Stammbuchs-Inschrift.

(aus Wilh. Dorow's Facsimile von Handschriften berühmter Månner und Frauen". Heft 3. Berl. 1837. No. 11.)

[blocks in formation]

120 Stammbuchs-Inschrift.— üb. Hemsterhuys lettre sur la sculpture.

In Brodmann's Stammbuch.

Er strebt auf der Bühne, so wie im Leben, Jedwedem, Begnügt sich aber, dort Wenigen, hier Einem zu gefallen

Lettre sur la sculpture. A Mons. Théodore de Ser Amsterdam 1769.

(März 1776.)

Der Verfasser nennt sich Hemsterhuys le fils.a Schönheit, sagt er mit Recht, besteht in einem Maximo Ideen, in einem Minimo der Zeit; nur ist das Maximum e Ideen richtig zu erklären. Es ist nämlich nicht nur extens** (die Menge der Begriffe), sondern auch intensive (die Klobit) Wirksamkeit u. s. w.) zu verstehen. Das Maximum der Joe entspricht der Mannigfaltigkeit, und das Minimum Zeit der Einheit. Dieses Minimum geht auch nicht nur and die Zeit, sondern auch auf die Kraft der Anstrengung. Na* kann aber nicht sagen, die Schönheit verhalte sich direct we Quantität der Ideen, und indirect wie die Zeit. Denn so auch q: QT:t, so kann doch die Schönheit qt o <als QT seyn. Richtiger: die Schönheit verhält sich wie di Quantität der Begriffe in einer gegebenen Zeit.

Auch die Bemerkung ist richtig, daß in der Bildhauerkuri mehr Einheit (Minimum der Zeit), in der Malerei mehr Men nigfaltigkeit herrschen müsse; daher in der Bildhauerkunst weniaz Handlung, mehr Ruhe, auch weniger Composition statt finder Diese Bemerkung hat Nicolai sehr oft gegen Lessing's Lapto zu behaupten gesucht.

[ocr errors]

Herr Hemsterhuys sucht den Grund davon in der Kar keit der zur Bildhauerkunst brauchbaren Materien, als des, Mars mors, des Geldes u. dgl. Diesen Grund finde ich sonderbar. Die Malerei ist bestimmt, aus einem einzigen Punkre tes Raumes angesehen zu werden. Sie drückt daher auch von dem Transitorischen nur einen Augenblick der Zeit aus; und

Obj. u. subj. Unterhaltungsfähigkeit. 121 achter muß diesen Augenblick der Zeit immer wiederholen, wenn cas Gemälde lange ansieht. Diese Anforderung ist der Natur Malerei gemáß; und sie kann daher das Transitorische gar wohl ausdrücken, wenn sie den glücklichsten Zeitpunkt wählt.

Die Bildhauerkunst hingegen ist bestimmt, aus mehr als Enem Augpunkt betrachtet zu werden; daher drückt sie lieber Zustand aus, der einige Augenblicke fortdauert und sich sogleich verändert. Indem ich meinen Standort åndere, die Bildsäule zu betrachten, erwarte ich, der Natur des ansitorischen gemäß, daß sich dieses auch unterdessen verändert en werde; und Einerlei beleidigt. Die Schönheit in Ruhe kann ich von allen Seiten betrachten, ohne Veränderung

[ocr errors]

erwarten.

Daher läßt sich weniger Handlung, auch weniger Gruppe .. der Bildhauerei anbringen. Der Bildhauer kann nämlich ht die Anforderung voraussehen, der Betrachter solle sich öfters In den Augenblick der Zeit zurückdenken, weil sein Werk bestimmt A in mehreren Augenblicken angesehen zu werden.

Das s-relief hat mehr Augenblicke als die Malerei, und weniger die Bildhauerkunst. Daher kann die Vorstellung auf dem= then mehr transitorisch seyn als in jener; aber doch weniger als 1. der Malerei.

Objective und subjective Unterhaltungsfähigkeit.
(Juni 1776.)

Die Gegenstände haben eine objective Fähigkeit, uns zu häftigen, d. h. Gedanken und Empfindungen in uns zu ranlassen, die auch zuweilen in Handlungen übergehen. Wir gegen haben auch von unserer Seite eine subjective Fähigkeit, terhalten zu werden. Ich schreibe sowohl der objectiven als subjectiven Unterhaltungsfähigkeit eine Quantität und auch de Qualität zu. Die Quantität der objectiven Unterhaltungsigkeit besteht in der extensiven und intensiven Größe und Wenge der Gedanken und Empfindungen, die der Gegenstand erregen fähig ist. Die Qualität derselben hängt von der IV, 1.

6

« PreviousContinue »