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verweigert wird, welches natürlicherweise den Zorn erregen muß; oder wenn Jemand einen Grad der Aufmerksamkeit fordert, den wir ihm ohne Zwang nicht gewähren können, weil der gegenwärtige Schmerz uns ganz beschäftigt.

S. 158. Verlangen nach Genuß und Verlangen nach Bestrebung". Ich kenne keine solche Eintheilung. Es giebt keine Bestrebung ohne Genuß, und keinen Genuß ohne Bestrebung. Der Arbeitsmann beschäftigt seine Hände, wenn er arbeitet, seinen Mund, wenn er ißt, und seinen Magen, wenn er verdaut. Nennt Hr. Garve etwa eine mindere Thätigkeit Genuß?

Nicht in jedem Grade können unangenehme Leidenschaften andere unangenehme erwecken. Im 3orne empfinden wir zuweilen körperliche Schmerzen nicht, in der äußersten Betrübniß keinen Zorn. Furcht und Zorn vertreiben sich einander. Schmerz vermindert den Ekel, Verachtung den Neid.

S. 162. 3. Vortrefflich! so auch 163. 4. 5. 6. — 181 — usque ad finem.

Von dem Worte Kunst.

Man sagt, sie sei subjective eine Fertigkeit, objective aber der Inbegriff der Regeln etc.; allein auch die Wissenschaft ist eine Fertigkeit (Wolf's Logik §. 2.). — Man unterscheidet 1) Kunst von Natur, 2) Kunst von Wissenschaft. Ich möchte also sagen, complexus propositionum practicarum compossibilium in uno convenientium, sed sese non determinantium sei eine Kunst; so wie complexus propositionum theoreticarum compossibilium in uno convenientium eine Wissenschaft sek. Wer sich eine Fertigkeit erworben, jene ohne Fehl zu verrichten, und diese gewiß zu erkennen, der besißt die Kunst oder die Wissenschaft. Was von Natur hervorgebracht wird, ist deswegen von der Kunst unterschieden, weil die hervorbringenden Ursachen fich einander determiniren, und nicht nach practischen Vorschriften handeln. Dieses gilt nur, so lange von causis secundariis die Rede ist; in Rücksicht auf Gott aber sagt man freilich, er habe unendliche Kunst gezeigt.

Eine Kunst kann zur Wissenschaft werden, so wie man einen jeden practischen Sah in einen theoretischen verwandeln kann, wie aus der Logik bekannt ist. Wer aber die Wissenschaft einer Kunst besißt, der besist noch deswegen die Kunst nicht. Denn wenn er gleich eine Fertigkeit besist, gewiß zu erkennen, so hat er doch deswegen noch die Fertigkeit, ohne Fehl zu thun, nicht in seiner Gewalt.

Zu den Briefen über die Empfindungen.

(1770.)

S. 28.,,Daß die Seele die Vorstellung einer Vollkommen= heit lieber haben, als nicht haben, und die Vorstellung" etc.

Falsch! Die Abneigung geht nicht immer auf das Nichthaben der Vorstellung, sondern zuweilen auf die Mißbilligung des Objects. Die Unvollkommenheit ist objectiv böse und erzeugt Mißbilligung, aber subjectiv als Vorstellung ein praedicatum ponens, und also gut. Wenn dasjenige, was wir lieben, in Gefahr oder Elend ist, so wünschen wir, wenigstens der Empfindung nach, nicht, dieses nicht zu wissen, sondern dem übel abzuhelfen. Die Vorstellung der Unvollkommenheit erregt also eine vermischte Empfindung; sie ist objectiv mit einer Mißbilligung, subjectiv hingegen mit einer angenehmen Empfindung

verknüpft 48. 49. Das Vergnügen håtte nicht mit dem Wollen

verglichen werden sollen. Jenes ist ein inneres Bewußtseyn, daß die Vorstellung A unsern Zustand verbessere; das Wollen hingegen ein Bestreben der Seele, diese Vorstellung wirklich zu machen. Das Vergnügen ist gleichsam ein günstiges Urtheil der Seele über ihren wirklichen Zustand; das Wollen hingegen ein Bestreben der Seele, diesen Zustand wirklich zu machen. Das Verlangen, von welchem das Vergnügen begleitet zu werden pflegt, gehört nicht wesentlich zum Genusse des Vergnügens.

S. 85. Ich bin bloß bei der objectiven Vollkommenheit stehen geblieben, die die Seele (während eines sinnlichen Ge= nusses) wahrnimmt. Ich hätte aber hinzuthun sollen, daß durch

diese harmonische, innerliche Empfindungen auch die Kräfte der Seele auf eine ihr zuträgliche Weise beschäftigt werden, wodurch auch eine subjective Realität in der Seele gesegt wird. Überhaupt erzeugt jede anschauende Betrachtung einer objectiven Vollkommenheit auch eine subjective Vollkommenheit, die der Seele nicht anders als angenehm seyn kann.

Eine ähnliche Beschaffenheit hat es mit dem Schmerze (S. 87.). Die Seele nimmt nicht nur die Übel wahr, die dem Körper drohen; sondern ihre eigenen Empfindungskräfte werden durch viele mißstimmende Empfindungen auf eine unharmonische Weise beschäftigt.

S. 91. Die Möglichkeit möchte wohl geldugnet werden fónnen.

Eigenhändige Notizen von Moses · Mendelssohn in Stofch's Synonymen. Frankfurt a. D. bei Braun, 3 Bånde. 1770.

(Das Original im Besiße des Herrn J. Muhr in Berlin.)

gleichgültig, gleichgeltend. Was weder Lust, noch Unlust bezeigt, ist gleichgültig. Zwei Dinge, die einen gleis chen Werth haben, sind gleich geltend.

glücklich, glückselig. Beide werden sowohl subjectiv, als objectiv gebraucht. Was durch einen Zufall wohl von statten geht, ist glücklich; so wie auch die Person, der alles nach Wunsch ausschlägt und die sich im äußerlichen Wohlstande bes findet, glücklich genannt wird. Was unser inneres Wohl nicht weniger befördert als das äußere, heißt glückselig, so wie die Person, welche sich in diesem zweifachen Wohlfeyn befindet, glück, felig genannt wird.

beweisen, erweisen. Wer Gründe vortrågt, etwas zu behaupten, der beweiset. Wenn er dadurch seinen Saß wirklich wahr macht, so erweiset er.

Gränzen, Schranken. Die äußern Enden der Ausdehnung heißen Gránzen; dasjenige, welches verhindert, daß sie sich nicht weiter erstreckt, heißt Schranken.

Stolz hat auch einen guten Verstand, und bedeutet das Gefühl von unserm eigenen Werthe, welches sowohl richtig als unrichtig seyn kann. Man sagt: ein edler Stolz.

laufen, rennen, jagen. Man läuft bloß mit den Füßen; man rennt aber auch zu Pferde oder mit einem Wagen. Jagen zeigt aber nur die Geschwindigkeit des Pferdes oder des Wagens an.

Wo eine Eintheilung geschieht, ohne daß man sich dabei eine intensive Höhe vorstellt, da wird das Wort Grad ges braucht.

Unwissenheit, ein Mangel der erworbenen Kenntniß.
Unverstand, Unrichtigkeit der Erkenntniß.
Dummheit, Mangel der natürlichen Erkenntniß.

zufrieden, vergnügt. Mais ce n'est que le goût de ce que nous possédons qui puisse nous rendre contents, sagt Girard.

abtragen, niedrig machen, niedrigen, erniedrigen. a) Ein Berg wird abgetragen, wenn er der Erde gleich ges macht wird; und niedrig gemacht oder geniedrigt, wenn von der Höhe etwas abgenommen wird.

b) Niedrigen in eigentlicher Bedeutung, erniedrigen in metaphorischer. Die Berge niedrigen und den Hochmuth erniedrigen.

Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, Bedacht, Bedachtfamkeit. Die Richtung unserer Ideen auf einen Gegenstand, so wie die Fähigkeit dieses zu thun, heißt Aufmerksamkeit. Die Richtung unserer Verstandeskräfte auf einen gewiffen Gegenstand: Achtsamkeit, Achtung; jenes habitus, dieses actus,

Der Gebrauch der Überlegung bei den freien Handlungen heißt Bedachtsamkeit. Man hat auch das Wort beachten

in philosophischen Schriften angenommen, und dieses bedeutet das Achtung Geben, oder die Richtung unseres Bewußtseyns auf alle Theile eines Gegenstandes, um keinen derselben aus der Acht zu lassen.

Geschlechte, Geschlechter. Hier sagt Stofch: in diesem Verstande braucht man es uneigentlich von allen Geschöpfen, welche einerlei Ursprung haben und zu einerlei Art gehören; Moses Mendelssohn aber:

die von verschiedener Art sind, aber doch eine wesentliche Ähnlichkeit mit einander haben.

krumm, gebogen. Gebogen hat auch die Bedeutung einer runden oder rundlichen Krümmung, so wie sie durch die Action des Biegens zu entstehen pflegt. Was aber eine eckigte oder geschlängelte Krümmung hat, kann nicht gebogen genannt werden, ist aber doch krumm.

bequem, geschickt, tüchtig. Stosch sagt: diese Worte geben den Begriff von einer solchen Beschaffenheit einer Sache wodurch sie fähig wird, den Zweck ihrer Bestimmung zu erreichen; Moses Mendelssohn dagegen:

wodurch ein gewisser Zweck erreicht werden kann.

Bequem der Figur, Lage und äußeren Umständen nach; Geschickt der innern Fertigkeit nach.

Von vor

vorschießen, vorstrecken, auslegen. schießen: Vorschuß, von auslegen: Auslage. Von vorstrecken ist mir kein n. s. bekannt.

Vorschießen scheint den Begriff mit sich zu führen, daß Jemand etwas bezahlt, das er erst nach einiger Zeit schuldig seyn wird.

Stosch sagt: z. B. es reiset Jemand von meinen Freunden auf eine Messe, und ich trage ihm auf, verschiedene Sachen für mich zu kaufen. Da ich aber den Preis nicht weiß, so bitte ich ihn, das Geld vorzuschießen, welches ich ihm bei seiner Rückkunft wiedergeben werde.

Hier seht M. M.: In diesem Beispiele scheint mir vors strecken besser.

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