Die Bekämpfung des Christentums bis zum Tode des Kaisers Julian (363). Von Dr. A. Linsenmayer, Kgl. o. Lyzealprofessor a. D. B München 1905. Verlag der J. J. Lentner'schen Hofbuchhandlung. (E. Stahl jr.) 150368 FEB 1 3 1911 DA .L65 Vorwort. Das lebhafte Interesse, welches die neuere Forschung dem Verhältnisse zwischen dem römischen Staat und dem Christentum bis zum Siege des letzteren zuwendet, wird es rechtfertigen, wenn vorliegende Darstellung an die Öffentlichkeit tritt. Indem der Verfasser besonders den Motiven, welche der mannigfachen Wendung der religiösen Politik der Cäsaren zugrunde lagen, nachforschte, hofft er manche Streitfrage auf diesem Gebiete ihrer Lösung näher gebracht zu haben. Mag auch der Fortschritt der archäologischen Wissenschaft unsere Kenntnis dieser Zeiten noch durch manche interessante Entdeckungen bereichern, so dürfte doch das Resultat, das sich schon jetzt aus dem Quellenmaterial gewinnen läßt, in der Hauptsache als gesichert erscheinen. Indessen nicht bloß fachmännisches Interesse hat mich bei meiner Arbeit geleitet, es drängte mich dazu besonders der Wunsch, die Kenntnis dieser Heldenzeit der Kirche auch in weitere Kreise einzuführen, und wenn mir diese Absicht gelungen sein sollte, fände ich meine Mühe reichlich belohnt. München 1905. Dr. A. Linsenmayer. Inhaltsverzeichnis. Seite VI. Kapitel. Die Stellung der flavischen Kaiser zum Christentum VII. Kapitel. Die Lage der Christenheit vom Tode Domitians (96) bis zum Ende der Regierung des Markus Aurelius (180) VIII. Kapitel. Die Kirche unter Commodus und den Severern (180-235) 105 IX. Kapitel. Die Verfolgung der Kirche unter dem Thracier Maximin I. Kapitel. Die Entwicklung der religiösen Verhältnisse im römischen Reiche unter den Cäsaren. Philosophische Richtungen. Um die Zeit, da die christliche Religion im römischen Reiche sich auszubreiten begann, befand sich das religiöse Bewußtsein des römischen Volkes schon seit langem in einem bemerkenswerten Prozesse der Umgestaltung. Die ursprünglichen religiösen Vorstellungen desselben waren von ziemlich einfachem Charakter; sie knüpften teils an die bei den alten Römern am meisten hervortretenden Beschäftigungen des Ackerbaues und Kriegsdienstes an, teils verbanden sie sich mit der Verehrung der Verstorbenen (Animismus). Die überirdischen Mächte wurden zunächst als Schutzgeister für die einzelnen Funktionen des menschlichen Lebens1) und sodann des ganzen Gemeinwesens betrachtet und verehrt. Doch tritt uns in der Ausgestaltung der römischen Götterwelt eine bemerkenswerte Verschiedenheit von dem hellenischen Olymp entgegen: während letzterer von den phantasiereichen Griechen mit plastischen und durch die Mythen stark individualisierten Gestalten bevölkert wird, entspricht es dem mehr nüchternen Charakter der Römer, daß ihre Götter eher Abstraktionen als lebendige Persönlichkeiten darstellen 2). Eine solche Abstraktion begegnet uns besonders in 1) Diese Vorstellung bildete sich sehr ins einzelne aus; man denke z. B. an die Schutzgeister der kleinen Kinder Edusa und Potina, welche sie essen und trinken lehrten, Cuba, welche sie im Bette schützte, Fabulinus, der sie sprechen lehrte, u. s. w. S. Chantepie de la Saussaye, Lehrbuch der Religionsgeschichte. 2) Chantepie de la Saussaye a. a. O. II, 201 ff. Döllinger, Heidentum und Judentum, S. 463 ff., 468. Linsenmayer, Christenverfolgungen. 1 |