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2. Erläuterungsschriften: Bieber, Melancholikertypus Shakespeare's. Wolff, Der
Fall Hamlet. Schelenz, Shakespeare und sein Wissen auf dem Gebiete der
Arznei- und Volkskunde. Ackermann, Seelenglaube bei Shakespeare. Marx,
Sentenz in den Dramen Shakespeare's. Spiess, Posies. Lübkers Reallexikon.
3. Biographie: Pelissier, Shakespeare et la superstition shakespearienne. Sckücking,
Zu Shakespeare's 300-jährigem Todestag. Morsbach, Zur Charakteristik der
Persönlichkeit Shakespeare's. Weber, Shakespeare. Katalog der Leipziger Buch-
gewerbe-Ausstellung. Eelbo, Bacons entdeckte Urkunden. Harman, E. Spenser
4. Sprache: Ekwall, Historische neuenglische Laut- und Formenlehre. Barth,
Epitheton in den Dramen des jungen Shakespeare .

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5. Zeltkultur: Seeliger, Deutsche und englische Reformation. Ruhmer, Frauen-
bildung im Zeitalter der Renaissance. Morf, Geschichte der französischen
Literatur im Zeitalter der Renaissance

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6. Nachwirken: Lamb's Tales from Shakespeare. Hill, Theaterzeitschriften des
18. Jhs.

Shakespeare's Vorgänger, Zeitgenossen und Nachfolger (M. Förster):

1. Drama: Wieland, Lustspielelemente im me. Drama. Rechner, Aristophanes
in England. Dittrich, Plautus und Terenz in Pädagogik und Schulwesen
der deutschen Humanisten. Oelrich, Personennamen im mittelalterlichen
Drama Englands. Detlefsen, Namengebung in den Dramen der Vorgänger
Shakespeare's. Hüdepohl, Tragische Ironie in der englischen Tragödie von
Shakespeare. Ziesenis, Einfluß des Rhythmus auf Silbenmessung, Wort-
bildung, Formenlehre und Syntax bei Lyly, Greene und Peele. Marlowes
Eduard II. Lee's Nero ed. Horstmann. Haupt, Quellenstudien zu Lee's
Mithritades. Farquhar's Recruiting Officer ed Strauss.

2. Epik und Prosa: Lazarus, Technik und Stil von Hero and Leander by
Marlowe. Witz, Englische Ovidübersetzungen des 16. Jhs. Rick, Ovids
Metamorphosen in der englischen Renaissance. Koch, Schottische Livius-
übersetzung des J. Bellenden .

Zuwachs der Bibliothek.

Namen- und Sachregister zu Band LII. Von Hede Märkel.

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Verzeichnis der Abbildungen.

Paul von Bojanowski (nach Photographie)

Titelbild

M. Hauschild's Rekonstruktion einer altenglischen geschlossenen Bühne
Semper's Rekonstruktion des (offenen) Fortuna-Theaters

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Ansprache und Jahresbericht.

Vom Präsidenten.

Anders als wir es vor zwei Jahren beim fünfzigjährigen Jubiläum unserer Gesellschaft hoffen durften, begehen wir heute das 300 jährige Gedächtnis von Shakespeares Todestag. Damals wurde uns durch beredte Send boten viel Ehre und Wertschätzung internationaler Art ausgesprochen. Heute klingt uns von denselben Völkern ein Chor der Unmenschlichkeit entgegen, den wir nicht für möglich gehalten hätten. Sind wir nicht mehr dieselben? Wir können an dieser Stätte unserem herrlichen Vaterlande nicht besser dienen, als indem wir Ruhe und Würde bewahren. Hier wird kein Wort gesprochen, dessen sich einmal unsere Nachkommen in hundert Jahren, wenn sich die Lage auf dem politischen Schachbrette vielleicht gründlich verändert hat, schämen müßten. Wir haben es auch nicht nötig, unser Volk durch so wüste Fabeln, wie die von gekreuzigten Gefangenen und abgehackten Kinderhänden, in den Kampf zu treiben; jedermann bei uns weiß ohnehin und kann es jeden Tag aus dem Munde der Feinde hören, daß es sich um unser ganzes Sein und Haben handelt. Mögen sie uns Barbaren nennen wir trachten nach wie vor den Kult des Schönen in schöner Weise zu üben und unserem Volke das schlimmste aller Übel, die es gibt, zu ersparen: die geistige Verödung und Verwahrlosung.

Es ist ermutigend für unsere Gesellschaft, an diesem Tage nicht allein zu stehen. Von der ältesten deutschen Universität, aus Prag, ist Herr Professor R. Brotanek gekommen, um uns die Hauptrede zu halten; herzlich begrüße ich diesen in Anglistenkreisen wohlbekannten Freund aus Österreich. Von Budapest ist Exzellenz von Berzeviczy, Präsident der Akademie der Wissenschaften, in unserer Mitte erschienen, der Vorsitzende der ShakespeareKommission in der Kisfaludy-Gesellschaft, um diese ungarische Schwester hier zu vertreten: herzlichen Willkomm dem hochangesehenen Arbeits- und Bundesgenossen, durch den wir dem ganzen tapfern und feurigen Ungarvolke die Hände schütteln!

Exzellenz von Berzeviczy spricht:

Hochverehrte Versammlung! Ich fühle mich ungemein beehrt, im Namen der ungarischen Shakespeare-Kommission bei dieser Jahresversammlung das Wort ergreifen zu dürfen und, für die freundliche Ansprache des Herrn Präsidenten bestens dankend, den herzlichen Gruß der sich ebenfalls zu einer Shakespeare-Feier anschickenden literarischen Kreise Ungarns zu überbringen.

Seit einem Jahrhundert gehören die meisten Dramen des großen Briten zum eisernen Bestand der ungarischen Bühne; vor 56 Jahren wurde schon in Ungarn eine Kommission für die Herausgabe von literarisch tadellosen Shakespeare-Übersetzungen gebildet, und seit drei Jahrzehnten besitzen wir eine vollständige metrische Shakespeare-Übersetzung in ungarischer Sprache, an deren Schaffung sich unsere größten nationalen Dichter beteiligt haben. Sie sehen also, meine hochgeehrten Damen und Herren, daß wir Ungarn- wohl einem unserer nationalen Psyche innewohnenden Hang entsprechend redlich bemüht waren, dem edlen Beispiel des großen Vorkämpfers des europäischen Shakespeare-Kultus, Deutschlands, zu folgen. Und so wie wir heutzutage Schulter an Schulter gegen eine Welt von Feinden kämpfen, so wie wir uns in diesem Kampf gegenseitig näher kennen und mehr schätzen gelernt haben, so vereinigt uns auch die unbefangene Gesinnung, mit welcher wir eines in Feindesland geborenen großen Dichters gedenken. Wir unterscheiden uns eben darin von unseren Feinden, daß wir auch mitten im Drange der vom Kampfe entfachten Leidenschaften nichts vom Glauben an unsere bewährten idealen Güter abgeschworen haben. Und diese Überlegenheit der Gesinnung, eine starke Bürgschaft unseres Sieges wird uns auch die Rückkehr zum friedlichen geistigen Verkehr aller gebildeten Völker nach dem Kriege erleichtern, denn sie wird uns mancher Berichtigung begangener Fehler, manchen reuevollen Geständnisses, mancher peinlichen Umkehr entheben.

Vereint mit Ihnen im grimmigen Kampfe einer schweren Zeit, als eine an Zahl viel kleinere Nation vertrauens- und verständnisvoll zum großen Deutschland emporblickend, entbietet Ihnen Ungarn seinen Gruß und seine Teilnahme am Gedächtnis unvergänglicher, geistiger Größe, begangen in den ernsten Tagen unübertroffener, heldenmütiger Seelengröße!

Der Präsident fährt fort:

Zahlreiche Theater in den verschiedensten Teilen der Erde, wo Deutsche wohnen, gehen einhellig mit uns vor, indem sie bald einzelne, bald reihenweise Sondervorstellungen von Shakespeares Dramen zur Feier des heutigen Tages veranstalten. Das klassische Hoftheater Weimars verleiht unserer diesmaligen Zusammenkunft eine besondere Anziehung, indem es mit noch mehr als gewohnter Gastlichkeit unsere Mitglieder für drei Shakespeare-Abende nach einander einladet. Je mehr die Theater an der Spitze und im Mittelpunkt aller Pflege Shakespeares stehen, desto inniger freut uns ihre spontane und außerordentlich rege Mitwirkung. Sie bezeugt am deutlichsten, wie unerschüttert Shakespeare trotz widrigster Zeitläufte bei uns weiterlebt.

Zahlreicher als sonst haben sich auch die Vertreter der Anglistik an unseren Hochschulen eingefunden, um mit ihrer Person zu bezeugen, daß das Shakespeare-Erbe Goethes und Schillers nicht preisgegeben werden darf, weil die Machthaber und die Verblendeten im heutigen England uns aus freien Männern in Knechte verwandeln möchten. Niemals hat es hohe Kultur bei einem unfreien Volke gegeben; Geldmittel und Schulprivilegien von Gnaden unserer Feinde könnten uns nimmer ersetzen, was völkische Selbstbestimmung für alles edlere geistige Leben und Streben bedeutet; Wehrstand ist untrennbar von Lehrstand und Nährstand! Wer im Auslande glaubt, daß sich die deutschen Universitätsleute kindergläubig von Kultursirenen kirren lassen, der kennt uns nicht. Im Namen unserer Gesellschaft sage ich allen Anglisten, die durch ihre Anwesenheit unsere Kundgebung verstärken, wärmsten Dank. Jedem von uns geht Volk vor Fach; wir dienen der Wissenschaft, um Deutschland zu dienen. Die Beschäftigung mit englischer Sprache und Literatur hat uns doppelt vaterlandstreu gemacht.

*

*

Indem wir uns zu Shakespeare selber wenden, ist es nicht sein Hinscheiden und sein Begräbnis, das uns am heutigen Tage zu beschäftigen hat. Das ist im Stratforder Landstädtchen in so unliterarischer Weise vor sich gegangen, daß davon keine Beschreibung, kein anfeuerndes Wort, nicht einmal eine tröstende Leichenrede zu uns herüberklingt. Nicht sein Tod, sondern sein Fortleben soll uns vorschweben; durch welche Kraft er sich in der Heimat gegen Puritanertum und Fransozengeschmack behauptete und dann überdies

in deutschem Lande noch eine unvergleichliche Stellung, Beliebtheit und Volkstümlichkeit errang, das mit einigen Zügen anzudeuten, ist die Aufgabe der Stunde. Wir werden dabei zugleich auf die Pflichten aufmerksam werden, die wir gegenüber den von der Natur uns daheim geschenkten Theatertalenten haben.

Festzuhalten ist zunächst, daß Shakespeare tief in Londoner Verhältnissen wurzelte. Die Gunst der Elisabethzeit kam ihm gründlich zu statten. Auch auf deutschem Boden hätte ein Shakespearisches Gehirn zu Ende der Renaissance eine Reihe Theater mit gelehrten Autoren und wohlhabenden Zuschauern gefunden; am meisten wohl in Straßburg. Aber unsere damaligen Dramatiker schrieben meist lateinisch; sie vernachlässigten die Sprache der gewöhnlichen Leute und hiemit auch deren besseres Empfinden und Wollen; scholae, non vitae haben sie gearbeitet. Kein kunstsinniger Hof war da, um in jenen oft begabten Dichtern und deren Umgebung den Sinn für Form und Schönheit zu pflegen, der für echte Kunst die unerläßliche Voraussetzung ist. Selbst wenn sie das Deutsche gebrauchen wollten, fehlte ihnen die Tradition vornehmer Rede, ohne die sich vornehme Gestalten nicht modeln lassen. Anders in der englischen Hauptstadt zu Ende des sechzehnden Jahrhunderts: dort gab es eine blühende Nationalbühne in der Volkssprache und einen auf denkhafte Form bedachten Hof voll antiker Bildungsinteressen, und der Brokatmantel von Chaucer's Dichtersprache wartete nur suf romantische Stoffe, um sie prächtig zu gewanden. Durch solche Vorarbeit hatte sich das damalige London den großen Dramatiker verdient, und so war zu erwarten, daß die Stadt sich auch dauerndes Verständnis für ihn bewahren würde.

Dennoch kam für ihn eine Periode der Prüfung. Die Paritaner schlossen für eine Welle alle Schauspielhäuser. Schlimmer war es, daß französische Irrlehren das Auge der literaturfreundlichen Engländer gegen ihn verschlossen. Gestützt auf die Autorität des Altertums erklärte die Generation nach ihm der Dichter sei nur ein Nachshmer der Wirklichkeit: gestützt auf die Autorität des Pariser Eofes stellten die Führer der Restaurationsmode für solthe Nachahmung eine Anzahl suberlicher Regeln auf, und da diese auf Shakespeare nicht raften, wollten ihn die Hochweisen in die Rumpelkammer, die ganze Dichtung auf einen Holzweg schieben. Aber Abend für Abend protestierten dagegen die Stücke Shakespeares im Theater, indem sie die Zuschauer mit einer Gewalt hinrissen, die von keinem der regelrechten Pramen ausging. Es war ein merkwürdiger Widerspruch

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