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Die schönste Jungfrau fizet
Dort oben wunderbar,

Ihr goldnes Geschmeide blihet,
Sie kammt ihr goldnes Haar.

Sie fåmmt es mit goldnem Kamme,
Und singt ein Lied dabei;

Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe,
Ergreift es mit wildem Weh;1
Er schaut nicht die Felsenriffe,

Er schaut 2 nur hinauf2 in die Höh'.
bedien

Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat 3 mit ihrem Singen

Die Lore-Ley gethan.3

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Wer reitet so spåt durch Nacht und Wind?

Es ist der Vater mit seinem Kind ;

Er hat den Knaben wohl in dem Arm,

Er faßt ihn sicher, er hålt ihn warm. hai's heirl

baig

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ig geveigen eyes ,,Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht ?" "Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?

5

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Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?
,,Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.” —

I wild woe seizes; 2 hinaufschauen, to look or gaze upward; 3 this the L. has done by her singing; bergen, to hide; 5 sehen, to see; a streak of mist.

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,,,,Du liebes Kind, komm, geh' mit mir! Gar2 schöne Spiele spiel ich mit dir!

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games

Manch3 bunte Blumen sind an dem Strand;

4

Meine Mutter hat manch gülden Gewand.""

Mein Vater, mein Vater! und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht ? 5—
,,Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind!
In dürren Blättern säuselt der Wind."—

,,,,Willst, feiner Knabe, du mit mir gehu?
Meine Töchter sollen dich warten schön;7
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,
Und wiegen und tanzen und singen dich ein."8

8

8

8

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Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönigs Tochter am düstern Ort?

,,Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau;

Es scheinen die alten Weiden so grau.“

10

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,,,,Ich lieb' dich, mich reizt deine schöne Gestalt, Und 1o bist du nicht willig," so brauch' ich Gewalt.“ Mein Vater, mein Vater, jeßt faßt " er mich an!" Erlkönig hat mir ein Leids1 gethan! 12

12

11

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Dem Vater grauset's,13 er reitet geschwind, Er hålt in den Armen das ächzende 14 Kind, Erreicht den Hof 15 mit Mühe 16 und Noth; 16 In seinen Armen das Kind war todt.

6

Göthe.

'gehen, to go; 2 indeed; 3 4 many; golden, golden; 5 versprechen, to promise; wollen; 7to tend, to nurse, to attend; 8,,ein" belongs to wiegen, tanzen und singen, to 'rock, danse and sing to sleep; 9,,es" is expletive, scheinen, to appear, look; 10,,wenn" if, is omitted, if thou be not willing; anfassen, to lay hold upon; 12 ein Leids thun, to do injury, harm; 13 es grauset, an impersonal verb, the father shudders; 14 ächzen, moan; 15 the house; 16 with toil and trouble.

11

Der Fischer.

Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,1

Ein Fischer saß daran,

Sah nach dem Angel ruhevoll, dr.

Kühl bis3 ans Herz hinan.3.

4

Und wie er sißt und wie er lauscht,

Theilt sich die Fluth empor;5

Aus dem bewegten Wasser rauscht °
Ein feuchtes Weib empor.

Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
Was lockst du meine Brut

Mit Menschenwiß und Menschenlist
Hinauf in Todesgluth ?8

9

9

Ach! wüßtest du, wie's 10 Fischlein ist 10
So wohlig" auf dem Grund,

Du stiegst 12 herunter, wie du bist,
Und würdest 13 erst gesund.

E

Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?

Kehrt 14 wellenathmend 15 ihr Gesicht

Nicht doppelt schöner her 14

Lockt dich der tiefe Himmel nicht,

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Das feuchtverklärte 16 Blau ? y compounds

Lockt dich dein eigen Angesicht

Nicht her in ew'gen Thau ?ace.

6

5

1schwellen; 2 fizen; 3 bis ans — hinan, even unto; while; empor theilen, to divide, or open upward; hervorrauschen, to come rustling forth; why; the glow i. e. agony of death; 9 wissen, if thou knew; 10 wie das, how the- are; 11 well; 12 heruntersteigen; 13 erst, only then, then for the first time; 14 herkehren, return; 15 breathing waves; 16 lit. transfigured by the water.

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Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Neht' ihm den nackten Fuß;

Sein Herz wuchs1 ihm so sehnsuchtsvoll,
Wie bei der Liebsten Gruß.

Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm ;
Da2 war's um ́ihn geschehn:

3

4

2

Halb zog sie ihn, halb sanka er hin,a
Und ward nicht mehr gesehn.

Göthe.

Das Schloß am Meere.
Hast du das Schloß gesehen,
Das hohe Schloß am Meer?
Golden und rosig wehens

5

Die Wolken drüber her.5

Es möchte sich niederneigen
In die spiegelklare Flut;
Es möchte streben und steigen
In der Abendwolken Glut.8

„Wohl9 hab' ich es gesehen,

Das hohe Schloß am Meer,

་་

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Und den Mond darüber stehen, stand.

Und Nebel weit umber."

Der Wind und des Meeres

10 Wallen

10

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mögen, the glow 11 clear;

Iwachsen, to grow, swell; 2 then it was over with him; 3 ziehen; hinsinken; 5herwehen, to float along, drüber for darüber above it; to like to i. e. it would fain; 7mirror-clear i. e. glassy-clear; of the evening clouds; indeed; 10 the rolling of the sea; 12 vernehmen, to hear.

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8

Drüben rauscht das Wehr, wie immer.

Und von diesem Kahn umschlossen 10

Waren mit mir zween" Genossen:~~
Ach! ein Freund, ein vatergleicher,12

Und ein junger, hoffnungsreicher.13

1liegen; 2 zuhören, to listen; 3 the floating; darführen, to lead forth; 5 indeed I saw or I did see; 6 years ago; 7 to pass, sail; "yonder; the weir, dike; 10 11 umschließen, to enclose; zwei; 12 like a father; 13 hopeful, promising.

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