Jahrbücher der Literatur, Volumes 123-124

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C. Gerold., 1848 - Bibliography
Each vol. has a separately paged "Anzeigeblatt für Wissenschaft und Kunst."

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Page 139 - Dieser Mensch, dieser Goethe ist mir einmal im Wege, -:« und er erinnert mich so oft, daß das Schicksal mich hart behandelt hat. Wie leicht ward sein Genie von seinem Schicksal getragen, und wie muß ich bis auf diese Minute noch kämpfen!
Page 134 - Er hat weit mehr Genie als ich und dabei weit mehr Reichtum an Kenntnissen, eine sichrere Sinnlichkeit und zu allem diesen einen durch Kunstkenntnis aller Art geläuterten und verfeinerten Kunstsinn; was mir in einem Grade, der ganz und gar bis zur Unwissenheit geht, mangelt. Hätte ich nicht einige andere Talente und hätte ich nicht so viel Feinheit gehabt, diese Talente und Fertigkeiten in das Gebiet des Dramas herüberzuziehen, so würde ich in diesem Fache gar nicht neben ihm sichtbar geworden...
Page 146 - ... philosophischen Geiste ist diese Grenze durchaus unerträglich. Dieser kann bei einer so wandelbaren zufälligen und willkürlichen Form der Menschheit, bei einem Fragmente (und was ist die wichtigste Nation anders?) nicht stillestehen. Er kann sich nicht weiter dafür erwärmen, als soweit ihm diese Nation oder Nationalbegebenheit als Bedingung für den Fortschritt der Gattung wichtig ist.
Page 150 - Es fehlt ihm ganz an der herzlichen Art, sich zu irgend etwas zu bekennen. Ihm ist die ganze Philosophie subjektivisch, und da hört denn Überzeugung und Streit zugleich auf. Seine Philosophie mag ich auch nicht ganz: sie holt zu viel aus der Sinnenwelt, wo ich aus der Seele hole. Überhaupt ist seine Vorstellungsart zu sinnlich und betastet mir zu viel. Aber sein Geist wirkt und forscht nach allen Direktionen und strebt, sich ein Ganzes zu erbauen — und das macht mir ihn zum großen Mann.
Page 139 - Du wirst mich wohl recht in meiner Schwäche gesehen und im Herzen über mich gelacht haben, aber mag es immer. Ich will mich gern von dir kennen lassen, wie ich bin. Dieser Mensch, dieser Goethe ist mir einmal im Wege, und er erinnert mich so oft, daß das Schicksal mich hart behandelt hat.
Page 139 - Warum müssen wir getrennt voneinander leben? Hätte ich nicht die Degradation meines Geistes so tief gefühlt, ehe ich von euch ging, ich hätte euch nie verlassen oder hätte mich bald wieder zu euch gefunden. Aber es ist traurig, daß die Glückseligkeit, die unser ruhiges Zusammenleben mir verschaffte, mit der einzigen Angelegenheit, die ich der Freundschaft selbst nicht zum Opfer bringen kann, mit dem inneren Leben meines Geistes, unverträglich war. Dieser Schritt wird mich nie gereuen, weil...
Page 135 - Mangels ungeachtet, mich so weit gebracht hat, als ich schon bin. Denn ohne ein großes Talent von der einen Seite hätte ich einen so großen Mangel von der anderen nicht so weit bedecken können, als geschehen ist, und es überhaupt nicht so weit bringen können, um auf Köpfe zu wirken.
Page 153 - Man sagt gewöhnlich, daß der Dichter seines Gegenstandes voll sein müsse, wenn er schreibe. Mich kann oft eine einzige, und nicht immer eine wichtige, Seite des Gegenstandes einladen, ihn zu bearbeiten, und erst unter der Arbeit selbst entwickelt sich Idee aus Idee. Was mich antrieb, die Künstler zu machen, ist gerade weggestrichen worden, als sie fertig waren.
Page 151 - Übrigens ergeht's ihm närrisch genug. Er fängt an alt zu werden, und die so oft von ihm gelästerte Weiberliebe scheint sich an ihm rächen zu wollen. Er wird, wie ich fürchte, eine Torheit begehen und das gewöhnliche Schicksal eines alten Hagestolzen haben. Sein Mädchen ist eine Mamsell Vulpius, die ein Kind von ihm hat und sich nun in seinem Hause fast so gut als etabliert hat.
Page 143 - Halb sechs war das Auditorium voll. Ich sah aus Reinholds Fenster Trupp über Trupp die Straße heraufkommen, welches gar kein Ende nehmen wollte. Ob ich gleich nicht ganz frei von Furcht war, so hatte ich doch an der wachsenden Anzahl Vergnügen, und mein Mut nahm eher zu.

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