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Abhandlungen.

1.

Zur Erinnerung an D. Carl Bernhard Hundeshagen.

Von

D. Ed. Riehm.

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Unmittelbar nach dem Heimgang meines theuern Freundes und Lehrers habe ich den Lesern unsrer Zeitschrift ein Wort zu seinem Gedächtnis in Aussicht gestellt. Auch ohne diese Zusage durfte man ein solches erwarten, nicht nur wegen der eigentümlichen und hervorragenden Stellung, welche Carl Bernhard Hundeshagen unter den Vertretern der neueren Theologie" einnimmt, sondern auch wegen seines besonderen Verhältnisses zu dieser Zeitschrift. Schon früh hatte er ihr ein lebendiges Interesse zugewendet. War fie doch lange Zeit das theologische Hauptorgan der Richtung, in deren Händen nach seiner Ueberzeugung die Zukunft der deutschevangelischen Kirche lag 1). Seit 1845 ihr Mitarbeiter, trat er 1861 in ein näheres Verhältnis zu der Redaction, und um Pfingsten 1864 übernahm er, kurze Zeit noch unter der Leitung des seligen Ullmann, in Gemeinschaft mit mir die Redactionsgeschäfte. Er that es wie ein bald darauf geschriebener Brief zeigt — mit großem Gewissensernst, im lebendigen Gefühl der Verpflichtung durch die Leitung einer solchen Zeitschrift nicht bloß der Wissenschaft,

1) Vgl. Der deutsche Protestantismus, 3. Aufl., S. 281; über die Bedeutung der Studien u. Kritiken" hat er sich in der Neuen Evang. Kirchenzeitung, Jahrg. 1863, S. 252 ausgesprochen.

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sondern in erster Linie dem Reiche Gottes selbst dienen zu sollen, aber auch in der Freudigkeit der Gewißheit einem Rufe Gottes gehorsam zu sein. Indessen sollten die Hoffnungen, welche man an seinen Eintritt in die Redaction knüpfen durfte, nur in beschränktem Maße in Erfüllung gehen. Bei seiner schon wankenden Gesundheit mußte sein Vorhaben einzelne Probleme, um welche sich die kirchlichen Lebensinteressen der Gegenwart drehen, eingehender zu erörtern, unausgeführt bleiben. Ihn selbst hat dies zu Zeiten schwer gedrückt; wiederholt hat er ernstliche Erwägungen darüber veranlaßt, ob es nicht Pflicht sei, eine rüstigere Kraft an seine Stelle treten zu lassen: namentlich kostete es im Jahr 1865 und wieder 1869, als er durch schweres Leiden längere Zeit ganz an der Betheiligung an den Redactionsarbeiten behindert war, viele Bitten und Vorstellungen, um ihn in der Hoffnung auf seine Wiedergenesung der Redaction zu erhalten. Je weniger nun seine Mitarbeit durch Beiträge von seiner eigenen Hand ersichtlich geworden ist, umsomehr ist es meine Pflicht öffentlich davon Zeugnis zu geben, mit welcher Treue und Gewissenhaftigkeit er, trotz aller erschwerenden Verhältnisse, bei der Fortführung unserer Zeitschrift mitgewirkt hat. Eine große Menge vor mir liegender Briefe beurkundet, wie eingehend und umsichtig er sein Urtheil abgab über die eingesendeten Beiträge, wie sehr er es sich angelegen sein ließ, tüchtige Mitarbeiter heranzuziehen, bedeutendere literärische Erscheinungen zur Anzeige zu bringen und fachkundige Recensenten dafür zu gewinnen, und wie ernstlich er darauf bedacht war, daß die Studien und Kritiken in den kirchlichen Kämpfen, wie in den wissenschaftlichen Verhandlungen die rechte Haltung bewahren, und ihre Aufgabe erfüllen möchten. Aber auch davon fühle ich mich gedrungen Zeugnis abzulegen, wie seine Liebe zur Wahrheit und Offenheit, seine Freiheit von aller Empfindlichkeit, seine Gewohnheit die sachlichen und allgemeinen Interessen allem Persönlichen voranzustellen, verbunden mit vollem Vertrauen und herzlicher Liebe zu dem jüngeren Freunde, eine seltene und nie gestörte Einmüthigkeit in der gemeinsamen Arbeit zwischen uns hergestellt, und uns auch in den wenigen Fällen, wo unser Votum anfangs differirte, die Verständigung leicht gemacht hat.

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