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An Herrn Dr. Müller,

Königl. sächsischen Minister des Cultus und öffentlichen Unterrichts.

Ansbach, 27. Oct. 1832.

Ew. Excellenz hochverehrliches Schreiben vom 19. dieses trifft mich leider in dem Anfang der Reconvalescenz von einer schweren und langwierigen Krankheit. Unfähig, mehr als meinen Namen nothdürftig zu schreiben oder vielmehr zu malen, und gezwungen, mich einer fremden Hand zu bedienen, bin ich außer Stand mich über Hochdero eben so wohlwollende als schmeichelhafte Anträge mit ausführlicher Umständlichkeit zu erklären, was ich für die Zeit meiner vollständigen Genesung vorzubehalten mir erlaube. Indessen legen mir Hochdero gütige Gesinnungen, welche ich mit tiefgefühltem Dank verehre, die Verpflichtung auf, Ew. Excellenz so schleunig als möglich so viel zu erklären, als Sie zur Fassung weiterer amtlicher Beschlüsse bedürfen. Offenbar hat eine meiner gelegentlichen Aeußerungen über den vorzüglichen Werth und die ausgebreitete, wohlthätige Wirksam feit eines ausgezeichneten akademischen Lehrers auf einer besuchten. Universität vor dem wenn gleich noch so hochgestellten Staats- und Geschäftsmann, und der in Folge dessen geäußerte Wunsch: daß ich nie möge verführt worden sein, meinen ehemaligen schönen und ausgebreiteten Wirkungskreis als akademischer Lehrer zu verlassen und in eine Bahn zu treten, auf welcher ich viele Jahre lang unter harten Kämpfen und mannigfach vergeblichen Arbeiten den besten Theil meines Lebens verloren habe; diese und ähnliche Aeußerungen haben offenbar durch Mißverständniß die Meinung herbeigeführt, ich sei geneigt, mein Leben, so zu sagen, wieder von vorne anzufangen. Allein meine seit dem Jahre 1817 eingenommene, in jeder Beziehung erfreuliche, ehrenvolle amtliche Stellung, meine Verpflichtungen gegen

A. Feuerbach's Nachlaß. II.

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Bayern, meine sonstigen Verhältnisse, mein vorgerücktes Alter, meine seit einigen Jahren sehr gebrechliche Gesundheit machen mir eine Uebersiedlung in ein neues Vaterland, besonders die Uebernahme eines Berufs, dem ich seit nunmehr fast 30 Jahren fremd geworden bin, sowohl moralisch als physisch unmöglich.

Uebrigens habe ich meiner Seits alle Ursache, jenem Mißverständnisse dankbar zu sein, indem es mir die Gelegenheit verschafft, Ew. Ercellenz die Gesinnungen meiner aufrichtigen Verehrung schriftlich auszudrücken, welche ich schon im vorigen Jahre zu Dresden, als im Kreise meiner verehrten Freundin, Gräfin von der Recke, Alle in Jubel über Ihre Erhebung zum Minister des Cultus ausbrachen, von ganzem Herzen getheilt habe. Zu diesen Gesinnungen tief gefühlter Verehrung mich fortwährend bekennend, habe ich die Ehre lebenslang zu verharren als ic.

An Herrn Dr. Breidenbach,

Großherzogl. hessischen Hofgerichts-Advokaten in Darmstadt.

Ansbach, 21. Dec. 1832.

Ew. Wohlgeboren bin ich sehr dankbar für das schmeichelhafte Zutrauen, womit Sie mich zu beehren die Güte haben, und wahrhaft freut mich die Beobachtung der würdigen Gesinnungen, welche sich laut Ihres gefälligen Schreibens vom 16. d. M. in den edlen Bestrebungen des dortigen Advokatenstandes offenbaren. Was Sie mir über den bunten Zustand Ihrer Gesetzgebung, über die unwürdige, naturwidrige Stellung des Advokatenstandes im Verhältniß zum Richteramt u. dergl. von dort her berichten: c'est tout comme chez nous, und fast in allen deutschen Fürstenstaaten wird

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es ebenso sein. Ueberall im deutschen Vaterland, wie in vielen andern Punkten, so auch in diesem, dieselben Uebel, dieselben Bedürfnisse, dieselben Wünsche, vielleicht auch dieselbe Ungeneigtheit, gerechte, zeitgemäße Wünsche zu erfüllen. Daß erst in dem Tageslicht der öffentlich- mündlichen Rechtspflege wie der Richter - so auch der Advokaten-Stand zu der vollständigen Würde gedeihen werde, welche ihm die Gerechtigkeit selbst angewiesen hat, scheint mir nicht zweifelhaft. Aber öffentliche oder geheime Rechtspflege in feinem Fall ist es zulässig, daß Derjenige, der dem Richter gegenüber zu stehen den Beruf hat, zugleich unter eben diesem Richter stehe. Der Advokat hat nicht blos vor dem Richter, sondern auch gegen den Richter das Recht zu vertheidigen; wie kann denn vernünftiger Weise der Wächter zugleich der unterthänige Diener des Bewachten sein? Emancipation des Advokatenstandes von der vormundschaftlichen Disciplinargewalt der Gerichte ist ein Ariom, über welches sich gar nicht streiten läßt, und das mit der Rechtsvertheidigung überhaupt, so wie diese mit der Freiheit der Rechtsvertheidigung in Eins zusammenfällt. Errichtung einer Advokaten - Kammer und alles Uebrige, was Sie in Ihrem Antrage schön auseinandergesezt haben, ist davon die unausbleibliche Folge. Aber um des Himmels willen! ein Col legium von fünfzig Mitgliedern! Das wäre, meines Erachtens, der Organismus der Auflösung. Bei Collegial- Körpern gelten wenige Glieder immer weit mehr als viele. Was 9 Mitglieder Gutes leisten können, werden schon 20 ganz gewiß verderben, um wie viel mehr 30 und 40 und gar 50! Damit aber ein in geringer Zahl zusammengeseztes, mit Gewalt ausgerüstetes Collegium nicht ausarte, damit es nicht zu einem aristokratischen Corpus zusammenwachsen, nicht durch allzulang fortgeseßten Besiß ungetheilter Gewalt zum Gewaltmißbrauch sich verleitet fühlen, oder auch nur Eifersucht

erwecken möge; dazu ist das einfache Mittel gegeben, daß zu bes stimmten Zeiten eine bestimmte Zahl (z. B. 13) der Mitglieder nach dem Loos austrete und die Zahl der Austretenden durch neue Wahl wieder ergänzt werde. Die Aengstlichkeit, womit unsere Regierungen alles Gemeinsame, Alles, was einem Zusammentreten, einer Vereinigung, einer Gesellschaft gleich sieht, besorglich beobachten und dahinter Gefährliches wittern, wird schwerlich einer sich jetzt neu bildenden Advokaten-Kammer vollkommene Selbstständigkeit gestatten; sie wird darin auf die eine oder andere Weise entweder ihre Hand oder ihr Auge haben wollen. Läßt sich dieses, z. B. ein von der Regierung ernannter Präsident, nicht abwenden: so nehme man einstweilen, was man erlangen kann, und verschmähe nicht das Gute aus allzu eigensinnigem Streben nach dem Besten. Hat man nur erst jenes, so folgt das Uebrige von selbst nach; will man aber sogleich nur das Vollkommenste, so sezt man sich in Gefahr, das Schlechteste behalten zu müssen.

Dieses meine unvorgreiflichen Ansichten.

An seine Schwester Rebecka.

Ansbach, 5. Jan. 1833.

Liebe Schwester! So nenne ich Dich, möge Dein Herz diesem Wort des Herzens entgegenkommen! Seit zwei Jahren bin ich frank und im Gefühle meiner täglich abnehmenden Kräfte. Auch Du bist krank, wie ich erst in diesen Tagen mit Schmerzen erfahren habe. Unter diesen Umständen kann ich es nicht länger über mich gewinnen, Dir fern zu stehen. Mißverständnisse und gereizte Empfindlichkeit haben, nur zu lange, uns getrennt gehalten; aber sie haben, wie

ich nach meinem eigenen Gefühle urtheile, die Bande noch nicht zerrissen, welche die Natur so eng um uns geschlungen hat den leiblichen Bruder, die leibliche Schwefter. Nimm hier die Bruderhand, die ich Dir zur Versöhnung biete. Verzeihe mir, was ich an Dir gefehlt, so wie auch ich Dasjenige, was ich Dir als Unrecht beimaß, längst entschuldigt, vergeben und vergessen habe. Haß stand niemals zwischen Dir und mir, aber Leidenschaft und Irrthum; jene ist längst gestillt, dieser ist längst berichtigt; bezeigen wir uns daher wieder als Das, was wir nie zu sein aufgehört haben Schwester, Bruder.

Du siehst an den unsichern und ungleichen Zügen meiner schwas chen, zitternden Hand, wie sehr ich noch leidend bin und wie sauere Arbeit mir jeder Buchstabe ist, den ich auf's Papier nicht schreibe, sondern male. Lasse mich, liebe Schwester, bald von Dir, Deinen Gesinnungen und Deiner - der Himmel gebe! wiederhergestell

ten Gesundheit hören.

Lebe wohl und gedenke mit versöhntem Herzen Deines Dir wieder geschenkten, Dich liebenden Bruders

A. v. F.

An seine Schwester.

Ansbach, Februar 1833.

Tausend Dank, liebe Schwester, für Deinen herzvollen Brief voll Liebe und Versöhnung. Die Gefühle, die er ausspricht, sagen mir, daß der Hand, die ich Dir bot, die Deinige willig entgegens fam, und daß Dein Herz längst versöhnt war, che Du noch wissen konntest, daß ich Dir in Liebe wieder zugewendet sei. Mir ist, als

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