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Das Symbolische in unsrer Bedeutung des Worts hört da sogleich auf, wo, statt unbestimmt allgemeiner abstracter Vorstellungen, die freie Individualität den Gehalt und die Form der Darstellung ausmacht. Denn das Subject ist das Bedeutende für sich selbst, und das sich selbst Erklärende. Was es empfindet, sinnt, thut, vollbringt, feine Eigenschaften, Handlungen, sein Charakter ist es selbst, und der ganze Kreis feines geistigen und sinnlichen Erscheinens hat keine andre Bedeutung als das Subject, das in dieser Ausbreitung und Entfaltung seiner nur sich selbst als Herrscher über seine gesammte Objectivität zur Anschauung bringt. Bedeutung und sinnliche Darstellung, Inneres und Aeußeres, Sache und Bild find dann nicht mehr von einander unterschieden, und geben sich nicht, wie im eigentlich Symbolischen, als bloß verwandt, sondern als ein Ganzes, in welchem die Erscheinung kein anderes Wesen, das Wesen keine andere Erscheinung mehr außer sich oder neben sich hat. Manifestirendes und Manifeftirtes ist zu concreter Einheit aufgehoben. In diesem Sinne sind die griechischen Götter, in soweit die griechische Kunst sie als freie in sich selbstständig beschloffene Individuen hinstellt, nicht symbolisch zu nehmen, sondern genügen für sich selbst. Die Handlungen des Zeus, des Apollo, der Athene gehören gerade für die Kunst nur diesen Individuen an, und sollen nichts als deren Macht und Leidenschaft darstellen. Wird nun von solchen in sich freien Subjecten ein allgemeiner Begriff als deren Bedeutung abftrahirt und neben das Besondere als Erklärung der ganzen individuellen Erscheinung gestellt, so ist das unberücksichtigt gelassen und zerstört, was an diesen Gestalten das Kunstgemäße ist. Deshalb haben sich auch die Künstler mit solcher symbolischen Deutungsweise aller Kunstwerke und deren mythologischen Figuren nicht befreunden können. Denn was noch etwa als wirklich symbolische Andeutung oder als Allegorie bei der eben erwähnten Art der Kunstdarstellung übrig bleibt, betrifft Nebensachen und ist dann auch ausdrücklich zu einem bloßen Attribut und Zeichen herabgeseßt, wie der Adler

z. B. neben Zeus steht, und der Ochs den Evangelisten Lucas begleitet, während die Aegypter in ihrem Apis die Anschauung des Göttlichen selber hatten.

Der schwierige Punkt bei dieser kunstgemäßen Erscheinung der freien Subjectivität liegt nun aber darin, zu unterscheiden, ob das, was als Subject vorgestellt ist, auch wirkliche Individualität und Subjectivität hat, oder nur den leeren Schein derselben als bloße Personification an sich trägt. In diesem lezteren Falle ist die Persönlichkeit nichts als eine oberflächliche Form, die in besonderen Handlungen und der leiblichen Gestalt nicht ihr eigenes Inneres ausdrückt, und somit die gesammte Aeußerlichkeit ihrer Erscheinung nicht als die ihrige durchdringt, sondern für die äußere Realität als deren Bedeutung noch ein anderes Inneres hat, das nicht diese Persönlichkeit und Subjectivität selber ist.

Dieß macht den Hauptgesichtspunkt in Betreff auf die Ab- . gränzung der symbolischen Kunst aus.

Unser Interesse nun also geht bei der Betrachtung des Symbolischen darauf, den' inneren Entstehungsgang der Kunst, in soweit derselbe sich aus dem Begriff des sich zur wahren Kunst hin entwickelnden Ideals herleiten läßt, und somit die Stufenfolge des Symbolischen als die Stufen zur wahrhaften Kunft zu erkennen. In wie engem Zusammenhange nun auch Religion und Kunst stehen mögen, so haben wir dennoch nicht die Symbole felbft und die Religion als Umfang der im weiteren Sinne des Worts symbolischen oder sinnbildlichen Vorstellungen durchzunehmen, sondern das allein an ihnen zu betrachten, wonach sie der Kunst als solcher angehören. Die religiöse Seite müssen wir der Geschichte der Mythologie überlassen.

Eintheilung.

Für die nähere Eintheilung nun der symbolischen Kunstform find vor allem die Grenzpunkte festzustellen, innerhalb welcher sich die Entwickelung fortbewegt.

Im Allgemeinen bildet, wie schon gesagt ist, dieß ganze Gebiet überhaupt erst die Vorkunst, indem wir zunächst nur abstracte, noch an sich selbst nicht wesentlich individualisirte Bedeutungen vor uns haben, deren unmittelbar damit verknüpfte Gestaltung ebenso adäquat als inadäquat ist. Das erste Grenzgebiet ist daher das Sichhervorarbeiten der künstlerischen Anschauung und Darstellung überhaupt; die entgegengeseßte Grenze aber giebt uns die eigentliche Kunst, zu welcher das Symbolische als zu seiner Wahrheit sich aufhebt.

Wenn wir von dem ersten Hervortreten der symbolischen Kunst in subjectiver Weise sprechen wollen, so können wir uns jenes Ausspruchs erinnern, daß die Kunstanschauung überhaupt wie die religiöse, oder beide. vielmehr in Einem, und selbst die wissenschaftliche Forschung von der Verwundrung angefangen habe. Der Mensch, den noch nichts wundert, lebt noch in der Stumpfheit und Dumpfheit hin. Ihn interessirt nichts, und nichts ist für ihn, weil er sich für sich selber noch von den Gegenständen und deren unmittelbaren einzelnen Existenz nicht geschieden und losgelöst hat. Wen aber auf der anderen Seite nichts mehr wundert, der betrachtet die gesammte Aeußerlichkeit als etwas, worüber er sich selbst, sey es in der abstract verständigen Weise einer allgemein menschlichen Aufklärung oder in dem edlen und tieferen Bewußtseyn absoluter geistiger Freiheit und Allgemeinheit, ist klar geworden, und somit die Gegenstände und deren Daseyn zur geistigen selbstbewußten Einsicht verwandelt hat. Die Verwundrung kommt nur da zum Vorschein, wo der Mensch losgerissen von dem unmittelbarsten ersten Zusammenhange mit der

Natur und von der nächsten bloß praktischen Beziehung der Begierde, geistig zurücktritt von der Natur und seiner eigenen fingulären Eristenz, und in den Dingen nun ein Allgemeines, Ansichseyendes und Bleibendes sucht und sieht. Dann erst fallen ihm die Naturgegenstände auf, sie sind ein Andres, das doch für ihn sein soll, und worin er sich selbst, Gedanken, Vernunft wiederzufinden strebt. Die Ahnung eines Höheren und das Bewußtseyn von Aeußerlichem bleibt dann noch ungetrennt, und doch ist zwischen den natürlichen Dingen und dem Geiste zugleich ein Widerspruch vorhanden, in welchem die Gegenstände sich ebenso anziehend als abstoßend erweisen, und dessen Gefühl beim Drange ihn zu beseitigen eben die Verwundrung erzeugt..

Das nächste Product nun dieses Zustandes besteht darin, daß der Mensch sich die Natur und Gegenständlichkeit überhaupt einerseits als Grund gegenüberstellt und sie als Macht verehrt, andrerseits aber ebenso das Bedürfniß befriedigt, sich die subjective Empfindung eines Höheren, Wesentlichen, Allgemeinen äußerlich zu machen und als objectiv anzuschauen. In dieser Vereinigung ist unmittelbar vorhanden, daß die einzelnen Naturgegenstände, und vornehmlich elementarische, das Meer, Ströme, Berge, Gestirne, nicht in ihrer vereinzelten Unmittelbarkeit genommen werden, sondern in die Vorstellung erhoben die Form allgemeiner an und für sich seyender Eristenz erhalten.

Die Kunst beginnt nun darin, daß sie diese Vorstellungen ihrer Allgemeinheit und ihrem wesentlichen Ansichseyn nach wieder zur Anschauung für das unmittelbare Bewußtsein in ein Bild faßt und in der gegenständlichen Form desselben für den Geist hinausstellt. Die unmittelbare, Verehrung der Naturdinge, Natur- und Fetischdienst, ist deshalb noch keine Kunst.

Nach der objectiven Seite hin steht der Anfang der Kunst im engsten Zusammenhange mit der Religion. Die ersten Kunstwerke find mythologischer Art. In der Religion ist es das Absolute überhaupt, das sich, sey es auch seinen abstractesten und

ärmsten Bestimmungen nach, zum Bewußtseyn bringt. Die nächste Explication nun, welche für das Absolute da ist, sind die Erscheinungen der Natur, in deren Existenz der Mensch das Absolute ahnt, und sich daffelbe daher in Form von Naturðingen anschaulich macht. In diesem Streben findet die Kunst ihren ersten Ursprung. Doch wird sie auch in dieser Beziehung erst da hervortreten, wo der Mensch nicht nur in den wirklich vorhandenen Gegenständen unmittelbar das Absolute erblickt, und sich mit dieser Weise der Realität des Göttlichen begnügt, sondern wo das Bewußtseyn das Erfaffen des ihm Absoluten in Form des anfichselbst Aeußerlichen, so wie das Objective dieser gemäßeren oder unangemesseneren Verknüpfung aus sich selber hervorbringt. Denn zur Kunst gehört ein durch den Geist ergriffner substantieller Gehalt, der zwar äußerlich erscheint, aber in einer Aeußerlichkeit, welche nicht nur unmittelbar vorhanden, sondern durch den Geist erst als eine jenen Inhalt in sich fassende und ausdrückende Eristenz producirt ist. Die erste näher gestaltende Dollmetscherin aber der religiösen Vorstellungen ist allein die Kunst, weil die prosaische Betrachtung der gegenständlichen Welt sich erst geltend macht, wenn der Mensch in sich als geistiges Selbstbewußtseyn sich von der Unmittelbarkeit frei gekämpft hat, und derselben in dieser Freiheit, in welcher er die Objectivität als eine bloße Aeußerlichkeit verständig aufnimmt, gegenübersteht. Diese Trennung ist immer erst eine spätere Stufe. Das erste Wissen vom Wahren dagegen erweist sich als ein Mittelzustand zwischen der bloßen geistlosen Versenkung in die Natur und der von ihr durchaus befreiten Geistigkeit. Dieser Mittelzustand in welchem sich der Geist seine Vorstellungen nur deshalb in Gestalt der Naturdinge vor Augen stellt, weil er noch keine höhere Form errungen hat, in dieser Verbindung jedoch beide Seiten einander gemäß zu machen strebt, ist im Allgemeinen dem prosaischen Verftande gegenüber der Standpunkt der Poesie und Kunst. Deshalb kommt denn auch das vollständig prosaische Bewußtseyn erst

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