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In der That aber find in beiden Verhältnissen beide Seiten endlich und einseitig und ihre Freiheit eine bloß gemeinte Freiheit.

Das Subject ist im Theoretischen endlich und unfrei durch die Dinge, deren Selbstständigkeit vorausgesezt ist; im Praktischen durch die Einseitigkeit, den Kampf und inneren Widerspruch der Zwecke und der von Außen her erregten Triebe und Leidenschaften, so wie durch den niemals ganz beseitigten Widerstand der Objecte. Denn die Trennung und der Gegensaß beider Seiten, der Gegenstände und der Subjectivität, macht die Voraussezung in diesem Verhältnisse aus, und wird als der wahre Begriff desselben angesehen.

Gleiche Endlichkeit und Unfreiheit trifft das Object in beiden Verhältnissen. Im Theoretischen ist seine Selbstständigkeit, obschon sie vorausgesezt wird, nur eine scheinbare Freiheit. Denn die Objectivität als solche ist nur, ohne daß ihr Begriff als subjektive Einheit und Allgemeinheit innerhalb ihrer für sie wäre. Er ist außerhalb ihrer. Jedes Object in dieser Aeußerlichkeit des Begriffs eristirt deshalb als bloße Besonderheit, die mit ihrer Mannichfaltigkeit nach Außen gekehrt ist, und in unendlichseitigen Verhältnissen dem Entstehen, Verändern, der Gewalt und dem Untergange durch Andere preisgegeben erscheint. Im praktischen Verhältniß wird diese Abhängigkeit als solche ausdrücklich geseßt, und der Widerstand der Dinge gegen den Willen bleibt 'relativ, ohne die Macht leztlicher Selbstständigkeit in sich zu haben.

c) Die Betrachtung nun aber und das Daseyn der Objecte als schöner ist die Vereinigung beider Gesichtspunkte, indem sie die Einseitigkeit beider in Betreff des Subjects wie seines Gegenstandes und dadurch die Endlichkeit und Unfreiheit derselben aufhebt.

Denn von Seiten der theoretischen Beziehung her, wird das Object nicht bloß als seyender einzelner Gegenstand genommen, welcher deshalb seinen subjectiven Begriff außerhalb seiner

Objectivität hat, und in seiner besonderen Realität sich mannichfaltig nach den verschiedensten Richtungen hin zu äußeren Verhältnissen verläuft und zerstreut, sondern der schöne Gegenstand läßt in seiner Eristenz seinen eigenen Begriff als realisirt erscheinen, und zeigt an ihm selbst die subjective Einheit und Lebendigkeit. Dadurch hat das Object die Richtung nach Außen in sich zurückgebogen, die Abhängigkeit von Anderem getilgt, und für die Betrachtung seine unfreie Endlichkeit zu freier Unendlichkeit verwandelt.

Das Ich aber in der Beziehung auf das Object hört gleichfalls auf, nur die Abstraction des Aufmerkens, sinnlichen Anschauens, Beobachtens, und des Auflösens der einzelnen Anschauungen und Beobachtungen in abstracte Gedanken zu seyn. Es wird in sich selbst in diesem Objecte concret, indem es die Einheit des Begriffs und der Realität, die Vereinigung der bisher in Ich und Gegenstand getrennten und deshalb abstracten Seiten in ihrer Concretion selber für sich macht.

In Betreff des praktischen Verhältnisses tritt, wie wir oben bereits weitläufiger sahen, bei Betrachtung des Schönen gleichfalls die Begierde zurück, das Subject hebt seine Zwecke gegen das Object auf, und betrachtet dasselbe als selbstständig in sich, als Selbstzweck. Dadurch löst sich die bloß endliche Beziehung des Gegenstandes auf, in welcher derselbe äußerlichen Zwecken als nüßliches Ausführungsmittel diente, und gegen die Ausführung derselben entweder unfrei sich wehrte, oder den fremden Zweck in sich aufzunehmen gezwungen ward. Zugleich ist auch das unfreie Verhältniß des praktischen Subjects verschwunden, da es sich nicht mehr in subjectiven Absichten u. s. f. und deren Material und Mittel unterscheidet, und in der endlichen Relation des bloßen Sollens bei Ausführung subjectiver Absichten stehn bleibt, sondern den vollendet realisirten Begriff und Zweck vor sich hat.

Deshalb ist die Betrachtung des Schönen liberaler Art, ein Gewährenlassen der Gegenstände als in sich freier und - unendlicher,

Aesthetik, 2te Aufl.

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kein Besigenwollen und Benußen derselben als nüßlich zu endlichen Bedürfnissen und Absichten, so daß auch das Object als Schönes weder von uns gedrängt und gezwungen erscheint, noch von den übrigen Außendingen bekämpft und überwunden.

Denn dem Wesen des Schönen nach muß in dem schönen Object sowohl der Begriff, der Zweck und die Seele deffelben, wie seine äußere Bestimmtheit, Mannichfaltigkeit und Realität überhaupt als aus sich selbst und nicht durch Andere bewirkt erscheinen, indem es, wie wir sahen, nur als immanente Einheit und Uebereinstimmung des bestimmten Daseyns und echten Wesens und Begriffs Wahrheit hat. Da nun ferner der Begriff selbst das Concrete ist, so erscheint auch seine Realität schlechthin als ein vollständiges Gebilde, dessen einzelne Theile sich ebensosehr als in ideeller Beseelung und Einheit zeigen. Denn das Zusammenstimmen von Begriff und Erscheinung ist vollendete Durchdringung. Deshalb bleibt die äußere Form und Gestalt nicht von dem äußeren Stoff getrennt, oder demselben mechanisch zu sonstigen anderen Zwecken aufgedrückt, sondern sie erscheint als die der Realität ihrem Begriff nach inwohnende und sich herausgestaltende Form. Endlich aber, wie sehr die besonderen Seiten, Theile,. Glieder des schönen Objects auch zu ideeller Einheit zusammenstimmen und diese Einheit erscheinen lassen, so muß doch die Uebereinstimmung nur so an ihnen sichtbar werden, daß sie gegeneinander den Schein selbstständiger Freiheit bewahren, d. h. sie müssen nicht wie im Begriff als solchen eine nur ideelle Einheit haben, sondern auch die Seite selbstständiger Realität herausfehren. Beides muß im schönen Objecte vorhanden seyn, die durch den Begriff gesezte Nothwendigkeit im Zusammengehören der besonderen Seiten, und der Schein ihrer Freiheit als für sich und nicht nur für die Einheit hervorgegangener Theile. Nothwendigkeit als solche ist die Beziehung von Seiten, die ihrem Wesen nach so aneinandergekettet sind, daß mit der einen unmittelbar die andere gesezt ist. Solche Nothwendigkeit darf zwar in

den schönen Objecten nicht fehlen, aber sie darf nicht in Form der Nothwendigkeit selber hervortreten, sondern muß sich hinter dem Schein absichtsloser Zufälligkeit verbergen. Denn sonst verlieren die besonderen realen Theile die Stellung, auch ihrer eigenen Wirklichkeit wegen da zu seyn, und erscheinen nur im Dienst ihrer ideellen Einheit, der sie abstract unterworfen bleiben.

Durch diese Freiheit und Unendlichkeit, welche der Begriff des Schönen wie die schöne Objectivität und deren subjective Betrachtung in sich trägt, ist das Gebiet des Schönen der Relativität endlicher Verhältnisse entrissen, und in das absolute Reich der Idee und ihrer Wahrheit emporgetragen.

Zweites Kapitel.

Das Natur s ch äne.

Das Schöne ist die Idee als unmittelbare Einheit des Begriffs und seiner Realität, jedoch die Idee insofern diese ihre Einheit unmittelbar in sinnlichem und realem Scheinen da ist.

Das nächste Daseyn nun der Idee ist die Natur, und die erste Schönheit die Naturschönheit.

A. Das Naturschöne als solches.

1. In der natürlichen Welt müssen wir sogleich einen Unterschied in Betreff auf die Art und Weise machen, in welcher der Begriff, um als Idee zu seyn, in seiner Realität Eristenz gewinnt.

a) Erstens versenkt sich der Begriff unmittelbar so sehr in die Objectivität, daß er als subjective ideelle Einheit nicht selber zum Vorschein kommt, sondern seelenlos ganz in die sinnliche Materialität übergegangen ist. Die nur mechanischen und physikalischen vereinzelten besondern Körper sind von dieser Art. Ein Metall z. B. ist an sich selbst zwar eine Mannichfaltigkeit mechanischer und physikalischer Qualitäten; jedes Theilchen aber hat dieselben in gleicher Weise in sich. Solchem Körper fehlt sowohl eine totale Gliederung in der Weise, daß jeder der Unterschiede für sich eine besondere materielle Existenz erhielte, als ihm auch die negative ideelle Einheit dieser Unterschiede abgeht, welche als Beseelung sich kund gäbe. Der Unterschied ist nur eine abstracte Vielheit, und die Einheit die gleichgültige der Gleichheit derselben Dualitäten.

Dieß ist die erste Weise der Eristenz des Begriffs. Seine Unterschiede erhalten keine selbstständige Eristenz, und seine ideelle

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